Übersicht
Allgemein
Artikel zu allgemeinen Themen im Verkehrsrecht bei AdvoGarant.de.
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Fahreignung bei Hörgeschädigten
Trotz Schwerbehinderung kann der Führerschein erworben werden.
weiterlesenEine Beeinträchtigung der Hörleistung kann nicht verhindern, den Führerschein zu erwerben. Dies gilt selbst dann, wenn beidseitig völlige Gehörlosigkeit gegeben ist. Grundvoraussetzung für den Erwerb der Fahrerlaubnis ist, dass der hörgeschädigte Fahrer in der Lage ist, durch besondere Umsicht, Aufmerksamkeit und Gewissenhaftigkeit am Straßenverkehr teilzunehmen, ohne sich oder andere zu gefährden. Der Mangel an der Fähigkeit zu hören kann durch eine Kompensation mit visuellen Mitteln ausgeglichen werden, da die Teilnahme am Straßenverkehr sowieso überwiegend über optische Signale erfolgt.
Fahreignung bei Schwerhörigkeit
Wer hochgradig schwerhörig oder völlig gehörlos ist, darf davon ausgehen, dass er die Fahreignung aufweist und somit Auto fahren darf, solange er Kompetenz im Umgang mit der Erkrankung, sowie Verantwortungsbewusstsein besitzt. Diese Voraussetzungen werden in den Begutachtungsleitlinien konkretisiert. Rechtsgrundlage bildet dazu Anlage 4a der Fahrerlaubnisverordnung, „Kapitel 3.2 Hörvermögen“. Die Leitlinien bilden den gegenwärtigen Stand der Wissenschaft ab. Das Kapitel für Hörvermögen ist vor kurzem überarbeitet worden und zum 01.05.2014 in Kraft getreten.
Führerscheinklassen
Welche konkreten Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis erfüllt sein müssen, hängt davon ab, welche Führerscheinklasse man erwerben möchte.Die Richtlinien teilen die Klassen in zwei Gruppen ein.
Unter die Gruppe 1 fallen die Klassen A, A1, A2, B, BE, AM, L, T, worunter ganz allgemein Pkws und Motorräder fallen. Der Gruppe 2 sind dann die Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E, also Lkws und Busse, und die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung zuzuordnen. Führerschein für Gruppe 1 problemlos möglich
Die Fahreignung für Fahrzeuge der Gruppe 1 wird bei Hörgeschädigten grundsätzlich bejaht, sofern keine weiteren körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen vorliegen. Dies könnten Seh- oder auch Gleichgewichtsstörungen sein. Im Zweifelsfall wäre dies mit einer fachärztlichen Begutachtung klären zu lassen.
Besonderheiten bei Gruppe 2
Nur bei einem Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis für ein Fahrzeug der Gruppe 2 wären von vornherein eine fachärztliche (Eignungs-)Untersuchung und der Nachweis regelmäßiger ärztlicher Kontrollen notwendig. Hinzukommt der Nachweis, dass der Antragsteller eine dreijährige Fahrpraxis mit einem Pkw erlangt hat. Durch den Nachweis von Fahrpraxis und Routine ist davon auszugehen, dass die sensorischen Fähigkeiten, insbesondere die optischen, verbessert worden sind. Die strengeren Voraussetzungen werden mit den höheren Anforderungen an das Führen dieser Fahrzeuge, sowie der möglichen Unfallschwere begründet.
Stand: 08.01.2015
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Führerschein & Diabetes
Unter bestimmten Voraussetzungen dürften auch Diabetiker den Führerschein erwerben.
weiterlesenWer die Diagnose „Diabetes“ erhält, darf auch weiterhin davon ausgehen, dass er die Fahreignung behält und somit weiterhin Auto fahren darf, solange er Kompetenz im Umgang mit der Erkrankung, sowie Verantwortungsbewusstsein besitzt. Diese Voraussetzungen werden in den Begutachtungsleitlinien konkretisiert. Rechtsgrundlage bildet dazu Anlage 4a der Fahrerlaubnisverordnung, „Kapitel 3.5 Diabetes“. Die Leitlinien bilden den gegenwärtigen Stand der Wissenschaft ab. Das Kapitel für Diabetes ist vor kurzem überarbeitet worden und zum 01.05.2014 in Kraft getreten.
Führerscheinklassen
Welche konkreten Voraussetzungen für die Erteilung der Fahrerlaubnis erfüllt sein müssen, hängt davon ab, welche Führerscheinklasse man erwerben möchte. Die Richtlinien teilen die Klassen in zwei Gruppen ein. Unter die Gruppe 1 fallen die Klassen A, A1, A2, B, BE, AM, L, T, worunter ganz allgemein Pkws und Motorräder fallen. Der Gruppe 2 sind dann die Klassen C, C1, CE, C1E, D, D1, DE, D1E, also Lkws und Busse, und die Fahrerlaubnis zur Fahrgastbeförderung zuzuordnen.
Gruppe 1
Für den Erwerb der Fahrerlaubnis für Fahrzeuge der Gruppe 1 wird die Fahreignung grundsätzlich die Fahreignung grundsätzlich bejaht, solange keine Folgeerkrankungen oder ein hohes Unterzuckerungsrisiko
(Hypoglykämie) vorliegen. Doch selbst bei hohem Hypoglykämierisiko kann die Fahreignung nach ärztlicher Einstellung und entsprechender Schulung wiedererlangt werden.
Gruppe 2
Die Hürden für die Bejahung der Fahreignung für Fahrzeuge der Gruppe 2 sind weitaus höher. Hier bedarf es zunächst eines Nachweises über eine stabile Stoffwechelsführung über drei Monate, was durch ein detailliertes Blutzuckertagebuch nachzuweisen ist. Anschließend ist eine fachärztliche Nachbegutachtung durchzuführen, die unter bestimmten Voraussetzungen aber nicht zwingend ist. Bei einem hohen Hypoglykämierisiko, aber auch bei einer Insulintherapie, sind zudem regelmäßige ärztliche Kontrollen notwendig und im Turnus von drei Jahre eine fachärztliche Begutachtung. Darüber hinaus sind regelmäßige Blutzuckerkontrollen durchzuführen.
Auf Unterzuckerungen ist zu achten!
Wichtig ist zudem, dass der Patient keine Hypoglykämiewahrnehmungsstörung aufweist, da bei deren Vorliegen die Fahreignung nicht gegeben ist. Dies gilt für das Führen von Fahrzeugen beider Gruppen. Dem kann durch ein Gutachten eines Diabetologen, mit entsprechenden Schulungen und vermehrten Blutzuckermessungen entgegen getreten werden. Ebenso entfällt die Fahreignung bei wiederholten schweren Unterzuckerungen. Dies ist der Fall, wenn der Patient innerhalb von 12 Monaten mindestens zwei Mal auf die Hilfe durch eine andere Person angewiesen war. Dabei muss die Unterzuckerung nicht während der Fahrt mit dem Fahrzeug erfolgt sein.
Auch Überzuckerungen sind nicht folgenlos
Doch auch im Falle einer anhaltenden Überzuckerung (Hyperglykämie) ist die Fahreignung bedingt eingeschränkt oder ganz ausgeschlossen. In diesem Fall wäre zur Wiedererlangung der Fahreignung eine fachärztliche Einzelfallbeurteilung notwendig oder es könnten Auflagen erteilt werden.
Folgeerkrankungen
Treten Folgeerkrankung auf und haben diese unter Umständen Auswirkungen auf die sichere Teilnahme am Straßenverkehr (beispielsweise an den Augen), so können Zweifel an der Fahreignung durch ärztliche Kontrollen und Gutachten ausgeräumt werden.
Frühzeitige Beratung
In jedem Fall sollte vor Beantragung eines Führerscheins oder nach der Feststellung des Diabetes mit dem behandelnden Diabetologen über die Fahreignung gesprochen werden, um rechtzeitig alle Voraussetzungen erfüllen zu können.
Stand: 08.01.2015
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Anfechtungsfrist bei Verkehrszeichen
Allgemeines Bei Verkehrszeichen handelt es sich um Verwaltungsakte in Form einer so genannten Allgemeinverfügung (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.12.1979, Az.: 7 C 46/78).
weiterlesenAllgemeines
Bei Verkehrszeichen handelt es sich um Verwaltungsakte in Form einer so genannten Allgemeinverfügung
(Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 13.12.1979, Az.: 7 C 46/78).Die Legaldefinition der Allgemeinverfügung findet sich in § 35 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes. Eine Allgemeinverfügung ist eine
konkret-generelle Regelung, die einen bestimmten Einzelfall für eine unbestimmte Anzahl von Adressaten regelt.Bekanntgabe eines Verkehrszeichens
Die Bekanntgabe eines Verkehrszeichens erfolgt mit dessen Aufstellung in der Weise, dass es durch einen durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer
bei Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt schon mit einem raschen und beiläufigen Blick wahrgenommen werden kann (BGH in NJW 1970, S. 1126f.). Auf die tatsächliche Wahrnehmung kommt es nicht an. Das gilt unabhängig davon, ob die Bekanntgabe in Form starrer Verkehrszeichen oder
mit Hilfe einer Anzeige über eine Straßenbeeinflussungsanlage oder einem Prismenwender erfolgt. Ein Verkehrszeichen ist sofort vollziehbar, d. h.
Widerspruch und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.Beginn der Frist für die Anfechtung eines Verkehrszeichens
Die Frist für die Anfechtung eines Verkehrsverbotes, das durch Verkehrszeichen bekannt gegeben wird, beginnt für einen Verkehrsteilnehmer erst
zu laufen, wenn er zum ersten Mal auf ein Verkehrszeichen trifft (Urteil des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom 10.02.2011, Az.: 5
S 2285/09).
Die Anfechtungsfrist wird für ihn nicht erneut ausgelöst, wenn der Verkehrsteilnehmer sich später ein weiteres Mal dem Verkehrszeichen gegenüber
sieht (vgl. Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom 23.09.2010, Az.: 3 C 37/09).
Jede andere Auslegung würde in Konflikt mit der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz geraten, die es verbietet, den Rechtsschutz in
unzumutbarer, durch Sachgründe nicht mehr zu rechtfertigender Weise zu erschweren.
Würde die Widerspruchsfrist für jedermann bereits mit dem Aufstellen des Verkehrsschildes ausgelöst, könnte ein Verkehrsteilnehmer, der
erstmals mehr als ein Jahr später mit dem Verkehrszeichen konfrontiert wird, keinen Rechtsschutz bezüglich der durch das Verkehrszeichen
ausgesprochenen Regelung erlangen.
Bis zu diesem Zeitpunkt konnte der Verkehrsteilnehmer mangels individueller Betroffenheit (§ 42 Abs. 2 VwGO) keinen Rechtsbehelf einlegen.
Nach Ablauf eines Jahres (§ 58 Abs. 2 VwGO) wäre die einjährige Anfechtungsfrist abgelaufen.Wer ist Klagegegner bei einer Anfechtungsklage gegen ein Verkehrszeichen?
Eine Anfechtungsklage gegen ein verkehrsbezogenes Gebot oder Verbot ist gegen den Rechtsträger der jetzt zuständigen Straßenverkehrsbehörde
zu richten (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 10.2.2011, Az.: 5 S 2285/09). Daraus folgt, dass eine Anfechtungsklage gegen ein
Verkehrszeichen gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, zu richten ist, § 78 Abs. 1
Nr. 1 VwGO.Auch wenn früher eine andere Straßenverkehrsbehörde für ein Verkehrsverbot zuständig war, ist eine Anfechtungsklage gegen den jetzt
zuständigen Träger der Straßenverkehrsbehörde, auf den die Aufgaben der Straßenverkehrsbehörde übergegangen sind, zu richten. Die bisher
zuständige Behörde ist von dem Zuständigkeitswechsel an nicht mehr in der Lage, einem geltend gemachten Aufhebungsanspruch im Wege einer
Abhilfeentscheidung zu entsprechen bzw.einem entsprechenden Urteil nachzukommen.Stand: 08.01.2015
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Abgeschleppt
In welchen Fällen ist das Abschleppen gerechtfertigt?
weiterlesenZum Thema Abschleppen gibt es zahlreiche Gerichtsentscheidungen. Immer wieder geht es dabei um die Frage, in welchen Fällen man sich dagegen wehren kann, abgeschleppt zu werden. Wann darf eigentlich rechtmäßig abgeschleppt werden?
Ihr Auto darf sofort abgeschleppt werden, wenn jemand durch das Fahrzeug behindert wird. Dabei handelt es sich um Fälle, wenn zum Beispiel Feuerwehreinfahrten blockiert werden, andere Fahrzeuge zugeparkt werden oder durch das Parken andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden. Auch, wenn die Parkzeit bereits eine Stunde überschritten wurde, ist es rechtmäßig Ihr Auto „an den Haken“ zu nehmen.
Selbst Privatleute können unberechtigt parkende Fahrzeuge entfernen lassen.Wenn sie unberechtigterweise vor einer privaten Einfahrt stehen, auf einem Supermarktparkplatz oder auf reservierten Parklätzen vor einem Fitnessstudio, ist es dem Eigentümer erlaubt, sie abschleppen zu lassen. Dabei muss dieser entweder zunächst in Vorkasse treten und das Geld vom Falschparker zurückfordern – oder der Abschleppunternehmer lässt sich die Forderung abtreten.
Was ist, wenn der Falschparker während des Abschleppvorgangs zurück kommt?Trotz Unterbrechung des Abschleppvorgangs sind für den Falschparker Kosten entstanden. Je nachdem wann er zurückkehrt, hat er Anfahrtskosten, Verwarngeld oder auch schon Abschleppkosten zu tragen. Hat der Abschlepper wegen weiterer Falschparker an gleicher Stelle zu tun, wird aber für den rechtzeitig zurückgekommenen Autofahrer kein Geld fällig (Oberverwaltungsgericht Hamburg, Aktenzeichen 3 BF 215/98).
Aufstellen von mobilen Verbotsschildern?Sie haben ordnungsgemäß geparkt und werden dennoch nach einigen Tagen abgeschleppt – wie kann das sein? Das Aufstellen von mobilen Verbotsschildern beispielsweise wegen einer Wanderbaustelle oder eines Straßenfestes berechtigt zum Abschleppen. Bei Verkehrsschildern handelt es sich im juristischen Sinne um Allgemeinverfügungen, die mit Bekanntgabe wirksam werden. Für die Bekanntgabe wird aber nicht gefordert, dass sie jedem einzelnen Verkehrsteilnehmer gesondert mitgeteilt werden muss. Aus diesem Grund liegt es an den Verkehrsteilnehmern selbst, sich immer wieder von der Ordnungsmäßigkeit ihres Parkens zu vergewissern. Mobile Verbotsschilder dürfen mit einer Vorlaufzeit von zirka zwei Tagen aufgestellt werden.
Kann ein Zettel in der Windschutzscheibe die Abschleppung verhindern?Grundsätzlich Nein! Gerade der Polizei kann es nicht zugemutet werden, zunächst erst alle Parksünder anzurufen. Dies stellt auf Grund der Vielfalt dieser Verstoße einen unzumutbaren Aufwand dar. In Ausnahmefällen kann es jedoch hilfreich sein, einen Zettel mit seiner Telefonnummer zu hinterlassen. Dieser muss jedoch gut sichtbar sein und zusätzlich enthalten, wo man sich gerade befindet und das man das Auto sofort entfernen könnte. Nur dann besteht eine Chance nicht direkt abgeschleppt zu werden.
Stand: 26.10.2011
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Abstand
Zu wenig Abstand auf der Autobahn ist bereits ab einer Fahrstrecke von 150 Metern ordnungswidrig.
weiterlesenDer Gesetzgeber macht in § 4 Straßenverkehrsordnung (StVO) keine konkreten Angaben dazu, wie lange eine Abstandsunterschreitung andauern muss, um eine Ordnungswidrigkeit zu begründen. Auch die Rechtsprechung ist in dieser Hinsicht nicht einheitlich. Selbst wenn vereinzelt längere Fahrstrecken diskutiert werden, wird eine Strecke von mehr als 150 Metern bei „sicheren Messverfahren“, zum Beispiel standardisierte Messungen von einer Autobahnbrücke, regelmäßig als ausreichend angesehen. Auch der Bundesgerichtshof macht in dieser Hinsicht keine klaren Vorgaben.
So wird beim Abstand lediglich eine „nicht ganz vorübergehende“ Unterschreitung verlangt.Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat mit Beschluss vom 30. August 2012 festgestellt, dass auch ein zu geringer Abstand über eine Fahrtstrecke von nur 150 Metern zur Verwirklichung einer Ordnungswidrigkeit führen kann (Aktenzeichen: III-1 RBs 122/12). Dem Beschluss lag ein Fall zu Grunde, in dem der betroffene Autofahrer bei einer Geschwindigkeit von 155 km/h über eben diese Distanz den erforderlichen Abstand zum vorausfahrenden Fahrzeug unterschritten hatte. Da die Messung in einem standardisierten Verfahren durchgeführt und bereits durch das Amtsgericht ein vorheriger Spurwechsel des Vorausfahrenden ausgeschlossen worden war, drang der Betroffene mit seiner Argumentation, ein Abstandsverstoß müsse über eine Strecke von mindestens 200 bis 300 Metern vorliegen, nicht durch.
Auch ohne Tempolimit ist die Autobahn keine Rennstrecke.Wer die Spur wegen zu geringem Abstand wechselt oder überholen möchte und dabei einen Unfall verursacht muss in voller Höhe für den Schaden aufkommen, es sei denn er kommt auf der Autobahn einem Raser in die Quere. Wer dort die Richtgeschwindigkeit von 130 km/h überschreitet, muss sich trotz des Fahrfehlers eines Spurwechslers eine Haftung mit anrechnen lassen. Die Haftung richtet sich danach, wie hoch die Überschreitung war und wie sehr der Spurwechsler von dem heranrasenden Fahrzeug überrascht wurde.
Das OLG Oldenburg musste über den Unfallschaden an einem Sportwagen entscheiden, der mit mindestens 200 km/h und möglicherweise sogar mit 280 km/h auf der linken Spur unterwegs war. Er krachte in einen Kleinwagen, als dieser mit Tempo 130 ein langsameres Fahrzeug überholen wollte. Die Entscheidung: Der total beschädigte Sportwagen muss von der Versicherung des Spurwechslers nur zu einem Drittel erstattet werden (Aktenzeichen: 3 U 69/11).
Verboten ist es nicht, mit einer hohen Geschwindigkeit auf der Autobahn zu fahren. Doch die überhöhte Geschwindigkeit erhöht die Gefahr für alle Verkehrsteilnehmer, weshalb die Richter die Schuld auch zu zwei Dritteln bei dem Sportwagenfahrer sahen.
Stand: 14.01.2013
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Bedienungsanleitung
Recht des Verteidigers auf Einsicht in die Bedienungsanleitung eines Geschwindigkeitsmessgerätes?
weiterlesenWird in Bußgeldverfahren die Ordnungsmäßigkeit einer Geschwindigkeitsmessung thematisiert, so hört das Gericht regelmäßig den Messbeamten auch zu der Frage der Ordnungsgemäßheit der durchgeführten Messung. Mit schöner Regelmäßigkeit bestätigt dieser in unverbindlichen Worten, dass alles seine Ordnung gehabt hat. Will der Verteidiger den Messbeamten sachgerecht zur ordnungsgemäßen Durchführung der Messung befragen, so benötigt er regelmäßig Vorgaben, die der Hersteller des Messgerätes in der Bedienungsanleitung des Messgerätes zum Aufbau und zur Durchführung der Messung aufgestellt hat. Die Bedienungsanleitung befindet sich jedoch üblicherweise nicht in der jeweiligen Bußgeldakte der Verwaltungsbehörde.
Die zentrale Bußgeldstelle des Regierungspräsidiums Karlsruhe (Baden-Württemberg) vertritt die Auffassung, dass sich das Akteneinsichtsrecht des Rechtsanwaltes auf die Akte beschränkt, die dem Gericht gemäß § 199 Absatz 2 Satz 2 Strafprozessordnung (StPO) vorzulegen ist. Diese enthalte Beweisfotos, Messprotokoll, Schulungsnachweis und Eichschein.
Ein Anspruch des Rechtsanwaltes auf Einsicht in die Bedienungsanleitung und die Lebensakte des Messgerätes bestehe hingegen nicht. Diese seien nicht Bestandteil der Akte. Der Verteidiger des Betroffenen hatte hierauf Antrag nach § 62 Ordnungswidirgkeiten-Gesetz (OWiG) an das zuständige Amtsgericht Mannheim gestellt. Er hat in diesem Zusammenhang des weiteren beantragt, dass ihm die Bedienungsanleitung zur Einsicht nicht am Sitz der Verwaltungsbehörde, sondern in seiner Kanzlei überlassen werde. Die einfache Entfernung zwischen dem Sitz der Verwaltungsbehörde und seiner Kanzlei betrage mehr als 150 Kilometer.
Das Amtsgericht Mannheim hat den Antrag zurückgewiesen.Es hat hierzu ausgeführt, der Anspruch des Verteidigers auf Akteneinsicht bestehe in die Akten, die dem Gericht vorliegen oder die im Falle der Erhebung der Anklage / des Bußgeldbescheides vorzulegen wären. Das Recht des Verteidigers umfasse nicht alle Unterlagen, die etwa auch einem Sachverständigen zur Verfügung gestellt würden, weil das Gutachten Beweismittel sei und nicht die Unterlagen, auf denen das Gutachten beruhe. Ein solcher Anspruch würde im Übrigen allenfalls dann entstehen, wenn in der Hauptverhandlung, nicht aber schon im Bußgeldverfahren Zweifel an der Ordnungsmäßigkeit der Messung entstünden. Auch sei das Führen einer Lebensakte für ein Geschwindigkeitsmessgerät in Baden-Württemberg nicht üblich und auch nicht vorgeschrieben.
Beweisfrage sei, ob die Eichsiegel bei der Messung unversehrt sind. Dies werde durch das Eichprotokoll und das Messprotokoll in der Akte belegt. Es sei zwar aus Gründen der effektiven Verteidigung und des fairen Verfahrens geboten, dem Verteidiger Einsicht in die Betriebsanleitung des Messgerätes zu gewähren. Dafür sei es jedoch ausreichend, ihm die Einsicht in den Diensträumen der Verwaltungsbehörde anzubieten. Soweit andere Gerichte einen Anspruch des nicht ortsansässigen Rechtsanwalts anerkennen, die Einsicht nicht am Sitz der Verwaltungsbehörde zu gewähren, sondern ihm die Akte beziehungsweise Bedienungsanleitung zur Einsicht an seinem Kanzleisitz zu überlassen, stehe das Amtsgericht Mannheim auf einem anderen Standpunkt: Es sei der Bußgeldbehörde bei Ordnungswidrigkeitenverfahren nicht zumutbar „jeweils die Bedienungsanleitung mit dem Risiko der Verletzung urheberrechtlich geschützter Rechte zu übermitteln“.
Einem Organ der Rechtspflege die Überlassung einer Akte an seinem Kanzleisitz mit der Begründung, es bestünde das Risiko der Verletzung urheberrechtlich geschützter Rechte zu versagen, ist „starker Tobak“. Die Argumentation ist insgesamt in sich nicht schlüssig, da dann auch die eigentliche Verwaltungsakte zur Einsicht nicht an den Verteidiger übersandt werden dürfte. Dies findet jedoch regelmäßig statt. Für diesen Vorgang wird auch eine Verwaltungsgebühr in nicht unerheblicher Höhe, die üblicherweise weit über die normalen Portokosten hinausgeht, erhoben.
Ganz anders wird die Rechtslage einige Kilometer weiter in Heidelberg beurteilt.Das Amtsgericht (AG) Heidelberg hat die Verwaltungsbehörde angewiesen, dem Verteidiger erweiterte Akteneinsicht entweder durch Überlassung einer Kopie der Bedienungsanleitung oder durch Überlassung der pdf-Datei der Bedienungsanleitung zu gewähren (Aktenzeichen 3 OWi 731/11 und 17 OWi 528/12). Die Argumentation des ebenfalls in dem Verfahren 3 OWi 731/11 betroffenen Regierungspräsidiums Karlsruhe, keine Lebensakte zum Messgerät vorzulegen, hat das AG Heidelberg nicht akzeptiert. Stattdessen erfolgte eine Anweisung eine Mitteilung der Verkehrspolizei darüber einzuholen, ob in dem dort verfahrensgegenständlichen Eichzeitraum Reparaturen, zusätzliche Wartungen oder eine vorgezogene Neueichung an dem Messgerät vorgenommen worden sind.
Das AG Heidelberg hat außerdem ausgeführt die Bedienungsanleitung sei notwendig, um den gegebenenfalls als Zeugen zu befragenden Messbeamten sachgerecht zur ordnungsgemäßen Durchführung der Messung befragen zu können. Im Übrigen komme es für die Erfüllung des Akteneinsichtsrechtes „als Konkretisierung des aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten Rechts auf ein faires Verfahren nicht auf die Frage der Zumutbarkeit für die Verwaltungsbehörde an, zum anderen dürfte die Bedienungsanleitung als Computerdatei vorliegen und deshalb problemlos der Akte beigefügt werden können“.
Das AG Heidelberg ist nicht das einzige Amtsgericht, das in diesem Sinne entschieden hat. Weitere Entscheidungen vergleichbaren Inhaltes: Landgericht Ellwangen, 1 Qs 166/09; AG Gelnhausen, 44 OWi 2945 Js 1351/10; AG Verden, 9 B OWi 764/10 und OLG Naumburg, 2 Ss (Bz) 100/12.
Stand: 23.04.2013
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Kfz-Diebstahl
Im Jahr 2010 wurden 19503 Fälle von Kfz-Diebstahl registriert.
weiterlesenWenn ihr Fahrzeug gestohlen wurde, sollte ihr erster Weg zur Polizei führen, um den Kfz-Diebstahl zu melden. Danach sollten sie den Diebstahl bei der Zulassungsbehörde melden und zwar wegen der Steuerverpflichtung – diese läuft nämlich weiter bis zum Tag der Abmeldung des Fahrzeugs. Als dritte Stelle sollte ihre Kfz-Versicherung informiert werden, denn nur dann können sie einen möglichen Versicherungsfall melden. Außerdem sind sie verpflichtet für eventuelle Unfälle des Diebes zu haften – zumindest aber besteht die Gefahr einer Prämienerhöhung, wenn sie ihre Versicherung nicht informieren.
Den Fahrzeugschlüssel und ihre Fahrzeugpapiere müssen Sie bei der Versicherung abgeben. Sollte das Fahrzeug nach der Karenzzeit doch noch auftauchen, gehört dieses dann der Versicherung.
Was bekommen Sie von der Kfz-Versicherung ersetzt?Grundsätzlich ersetzt die Versicherung den Fahrzeugdiebstahl bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts. Der Wiederbeschaffungswert berechnet sich nach dem marktüblichen Preis, welchen man zum Zeitpunkt des Diebstahls für das Auto erhalten hätte.
Ansonsten hängt es von der jeweiligen Versicherung ab, was bei einem Kfz-Diebstahl ersetzt wird. Einstmals getätigte Zulassungskosten, der Nutzungsausfall, Kosten eines Ersatzautos oder ähnliches werden jedoch normalerweise nicht übernommen.
Auf eines muss man sich jedoch im Falle des Kfz-Diebstahls einstellen: Die Versicherung wird Fragen stellen. Sie will ausschließen dass ein „simulierter“ Diebstahl vorliegt. Dafür müssen beispielsweise die Schlüsselverhältnisse offen gelegt und erläutert werden, der Kilometerstand muss angegeben werden und es dürfen keine Ungenauigkeiten zum letzten Abstellort des Fahrzeugs vorliegen. Bei den kleinsten Abweichungen, kann von Seiten der Versicherung schnell an einen vorgetäuschten Versicherungsfall gedacht werden.
In welchen Fällen zahlt die Versicherung nicht?Ihre Versicherung wird nicht zahlen, wenn sie bezüglich des Diebstahls grob fahrlässig gehandelt haben. Dies ist der Fall, wenn die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen wird. Ein Beispiel für grob fahrlässiges Handeln wäre, wenn man den Zündschlüssel stecken lässt, während man nur „kurz“ aus dem Fahrzeug steigt um etwas zu holen. Dagegen handelt man nicht grob fahrlässig, wenn man den Fahrzeugschein im Auto gelassen hat.
Stand: 02.11.2011
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Nachtrunk
Nachtrunk – Eine sinnvolle Ausrede?
weiterlesenAlkoholisiert sollte keiner ein Fahrzeug führen – doch wie verhält man sich am besten, wenn man noch heil zu Hause angekommen ist, sich in Sicherheit wägt und plötzlich die Polizei vor der Tür steht, weil man doch beobachtet wurde? In solchen Fällen erscheint es auf den ersten Blick ratsam einen Nachtrunk zu behaupten. Allerdings ist diese Ausrede nicht in allen Fällen von Vorteil. Ein Fall von Nachtrunk liegt überhaupt nur in den Fällen vor, wenn nach der vermeintlichen „Trunkenheitsfahrt“, aber vor der Blutabnahme Alkohol zu sich genommen wurde. Argumentiert wird meist damit, man sei nach dem Unfall so schockiert gewesen, dass man erst einmal „einen Trinken“ musste um sich zu beruhigen.
Es ist nicht gerade überraschend, dass eine solche Aussage meistens als Schutzbehauptung gebraucht wird. Dies führt nicht selten dazu, dass die Gerichte bei einer Nachtrunkbehauptung zögerlich und misstrauisch reagieren.
Der Nachtrunk kann durch eine Begleitstoffanalyse widerlegt werden.Steht die Polizei vor der Tür ist es ratsam, erst einmal die Aussage zu verweigern und sich einen Anwalt zu nehmen. Denn wer sich nicht von Anfang an auf einen Nachtrunk beruft, wird später das Nachsehen haben, die Gerichte zu überzeugen. Eine nachträgliche Nachtrunkbehauptung wird erst Recht als Schutzbehauptung angesehen. Daher sollte man lieber gar nichts sagen oder sich direkt auf den Nachtrunk berufen. In jedem Fall werden regelmäßig zwei Blutproben angeordnet, wenn mit einer Nachtrunkbehauptung zu rechnen ist. Diese müssen mit einem Abstand von 30 Minuten abgenommen werden.
Ist die zweite Blutprobe dann niedriger als die Erste, so ist meistens die Behauptung des Nachtrunks ausgeschlossen. Dies ist deshalb der Fall, da der Alkoholabbau zwei Stunden nach Trinkende beginnt. Behauptet man aber, man habe direkt nach dem Unfall Alkohol zu sich genommen, so müsste die zweite Blutprobe höher sein als die Erste. Durch eine Begleitstoffanalyse, welche regelmäßig mit der Blutprobe einher geht, kann außerdem festgestellt werden, zu welcher Zeit, welche Getränke zu sich genommen wurden. Jeder Alkohol enthält abgesehen vom Bestandteil Alkohol verschiedene Aromastoffe, wodurch beispielsweise zwischen Bier, Sekt oder Wodka unterschieden werden kann. Da jedes alkoholische Getränk auch unterschiedlich vom Körper abgebaut wird, kann auch eine Zeitangabe erfolgen. Allein aus diesem Grunde, sollte mit der Nachtrunkbehauptung sparsam umgegangen werden. Die Begleitstoffanalyse kann einem womöglich einen Strich durch die Rechnung machen.
Versicherung zahlt nicht bei Alkoholgenuss.Weiterhin ist es auch erwähnenswert, dass die Versicherungen, beim Vorliegen eines Nachtrunks, nicht zur Zahlung verpflichtet sind. Es besteht für die Versicherungen nämlich keine Pflicht nachzuprüfen, ob man vor oder nach der Fahrt Alkohol zu sich genommen hat. Ein Nachtrunk wird in der Rechtsprechung als Obliegenheitsverletzung gewertet, welche zur Leistungsfreiheit der Versicherung und zum Regress gegen den alkoholisierten KfZ-Führer führt.
Stand: 20.04.2012
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Radarmessung
Radarmessungen – Neue Chancen für Geschwindigkeitssünder.
weiterlesenMut dürfen alle Betroffenen schöpfen, die mit dem Laser “PoliScan Speed” geblitzt werden – ein Urteil des Amtsgerichts (AG) Aachen stellt das Messverfahren vom Grundsatz her in Frage und hat eine Autofahrerin freigesprochen, welche 48 km/h zu schnell gefahren sein soll und mit dieser Technik geblitzt worden war.
Das Ergebnis: Kein Fahrverbot und 170 Euro gespart.
Der Grund: Zweifel an der Zuverlässigkeit des Messergebnisses.
Die Zauberworte: „Standardisiertes Messverfahren“.
Was ist das? Der Bundesgerichtshof (BGH) versteht darunter ein durch Normen vereinheitliches (technisches) Verfahren, bei dem unter gleichen Voraussetzungen gleiche Ergebnisse zu erwarten sind. Die Oberlandesgerichte und das Kammergericht in Berlin sind dem BGH gefolgt und gehen dann von einem standardisierten Messverfahren aus, wenn das Messgerät eine Zulassung von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) besitzt.
Das PolyScan hat eine Zulassung von PTB.Wo also ist das Problem? Es liegt in der fehlenden Überprüfbarkeit. Selbst ein gerichtlich bestellter Sachverständiger kann die Grundlagen für die Zulassung bei der PTB nicht überprüfen. Dies beruht darauf, dass der Hersteller des Messgerätes niemandem, auch keinem gerichtlich bestellten Sachverständigen, die Daten zur Überprüfung der Funktionsweise zur Verfügung stellt. Der Grund dafür liegt in dem Interesse an der Geheimhaltung der technischen Bauweise des Messgerätes.
Das AG hat nun zum großen Schlag ausgeholt und diesem Geheimhaltungsinteresse des Herstellers das Interesse an der Wahrheitsfindung im Bußgeldprozess gegenübergestellt. Das Interesse an der Wahrheitsfindung hat gewonnen, weil die Folgen einer fehlerhaften Messung gerade mit Blick auf das Fahrverbot berufliche Folgen für den Autofahrer haben können. Der Verlust an Beweglichkeit kann zum Verlust des Arbeitsplatzes führen und deshalb streitet das Grundrecht aus Art 12 Absatz 1 Grundgesetz zugunsten des Fahrers.
Bei allem hat das Amtsgericht ganz besonders berücksichtigt, dass erhebliche Zweifel daran bestehen, dass wenigstens die PTB die Messwerterhebung messtechnisch nachvollziehen kann.Normalerweise prüft die PTB die Messergebnisse des neuen Gerätes, indem Kontrollmessungen mit bereits zugelassenen Geräten erfolgen. Das geht aber gerade bei dem PoliScan nicht. Hier werden über einen rotierenden Spiegel Lichtimpulse ausgesendet, welche nach der Reflexion an dem gemessenen PKW / LKW zum Gerät zurück kommen und dort ausgewertet werden. Ist die Geschwindigkeit zu hoch, wird durch die Digitalkamera „geblitzt“. Allerdings wird die Fotoauslösung verzögert ausgelöst, bis sich das Fahrzeug weiter angenähert hat, damit der Fahrer / die Fahrerin möglichst gut erkennbar ist. Das heißt, dass das Fahrzeug nicht dort geblitzt wird, wo es gemessen wurde.
Das unterscheidet dieses Messgerät von den anderen Messgeräten, so dass eine exakte Kontrollmessung nicht möglich ist. Es wird somit durch die PTB die Zulassung erteilt, obwohl die eigenen Regeln von der PTB nicht eingehalten werden. Dies in Verbindung mit der fehlenden nachträglichen Überprüfbarkeit war dem Amtsrichter zu viel.
Recht so! Allerdings darf nicht übersehen werden, dass die Oberlandesgerichte und der BGH wohl (noch) anderer Auffassung sind.
Stand: 02.05.2013
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Geschwindigkeitsmessung durch Privatunternehmen
Geschwindigkeitsmessungen im Rahmen eines Verkehrsordnungswidrigkeitsverfahrens stellen eine ureigene und hoheitliche Aufgabe dar. Bei einer Geschwindigkeitsüberwachung handelt es sich nicht um ein Erwerbsgeschäft, mit welchem ein Gewinn erworben werden soll, sondern einzig und allein um eine Maßnahme zur Sicherstellung der Sicherheit im öffentlichen Straßenverkehr.
weiterlesenLeitsatz:
Geschwindigkeitsmessungen im Rahmen eines Verkehrsordnungswidrigkeitsverfahrens stellen eine ureigene und hoheitliche Aufgabe dar. Bei einer Geschwindigkeitsüberwachung handelt es sich nicht um ein Erwerbsgeschäft, mit welchem ein Gewinn erworben werden soll, sondern einzig und allein um eine Maßnahme zur Sicherstellung der Sicherheit im öffentlichen Straßenverkehr.
Das OLG Rostock kommt im Nachgang auf eine Entscheidung des Amtsgerichtes Parchim zu folgenden Leitsätzen:
1. Die vertraglich vereinbarte Auswertung der mit standardisierten Messverfahren bei behördlichen Verkehrsüberwachungsmaßnahmen ordnungsgemäß erhobenen und bei der Verwaltungsbehörde verbliebenen Rohmessdaten durch einen privaten Dienstleister ist zulässig und führt für sich genommen zu keinem Beweisverwertungsverbot im weiteren Bußgeldverfahren.
2. Hegt der Tatrichter Zweifel an einer der Vorgaben des Geräteherstellers und der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt im Zuge der Zulassung des standardisierten Messverfahrens entsprechenden ordnungsgemäßen Auswertung der Messdaten durch den privaten Dienstleister, gebietet es die richterliche Aufklärungspflicht, die Richtigkeit der Auswertungsergebnisse durch andere sachverständige Stellen überprüfen zu lassen.
OLG Rostock, Beschluss vom 17.11.2015, 21 Ss OWi 158/15
Sachverhalt:
Der Entscheidung des Amtsgerichtes Kassel lag, wie auch der Entscheidung des OLG Rostock, die Geschwindigkeitsmessung durch einen Privatunternehmer zugrunde.
Beim Amtsgericht Kassel war es durch die Firma Jenoptik mit der Geschwindigkeitsüberwachungsanlage S 350, welche einen Geschwindigkeitsverstoß des Betroffenen feststellte.
Der Ordnungspolizeibeamte gab bei seiner Vernehmung als Zeuge an, dass, bis das Gericht darauf hinwies, dass die Auswertung durch die Ordnungspolizeibehörde zu erfolgen habe, wie folgt verfahren worden sei: Nach Erreichung einer gewissen Falldatenzahl sei die Ordnungsbehörde per E-Mail seitens des Betreibers darauf aufmerksam gemacht worden, dass man nunmehr auf die Internetseite zugreifen könne.
Dort habe er die unbearbeiteten Übersichtsfotos anschauen und diese dann zur Aufbereitung an Jenoptik versenden können. Bei der Überprüfung der Übersichtsfotos sei oben rechts zu erkennen gewesen, dass die Signatur des Datensatzes ungebrochen sei. Bei der Firma Jenoptik seien die Date sodann aufbereitet und dem Zeugen vorsortiert als verwertbare und unverwertbare Daten zugänglich gemacht worden. Die Daten habe er sich nicht mehr im Detail angeschaut. Es war ihm einfach nicht möglich zu überprüfen, ob die Fotos nach der Aufbereitung durch Jenoptik die gleiche Person auf dem Fahrerfoto darstellte, die auf den Übersichtsfotos zu erkennen war. Auch konnte er nicht mehr überprüfen, ob es ein unbeschädigter Datensatz war oder ob dieser durch Jenoptik manipuliert worden sei, da die diesbezüglichen Signaturvermerke in dem Verfahrensstadium nicht mehr vorhanden waren.
Die unveränderte Datenintegrität überprüfte der Zeuge auch nicht durch einen Vergleich mit dem zuvor an Jenoptik übersandten Ausgangsbild. Letztendlich übertrug der Zeuge die Einschätzung von Jenoptik und die durch ihn objektiv als verwertbar eingestuften Datensätze in das System zur Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten.
Entscheidung des Amtsgerichtes Kassel:
Das Amtsgericht Kassel kommt zu dem Ergebnis, dass keine verwertbare Messung stattgefunden habe. Entscheidend ist für das Amtsgericht Kassel, dass die Messdaten von einem Ordnungspolizeibeamten ausgewertet worden wären, was nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erfolgte.
Das Gericht kommt zu der Auffassung, dass durch die durch den Zeugen geschilderte Verfahrensweise kein hoheitliches Verkehrsordnungswidrigkeits-verfahren durchgeführt worden sei. Es seien die Daten von Jenoptik nicht nochmals überprüft worden. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Privatunternehmen lediglich Geld für ihre Arbeit bekommen, wenn das Messergebnis verwertbar ist, ist der Hintergrund der Delegierung solcher Aufgaben lediglich die Einsparung von Kosten, was jedoch nicht zulässig sei, da es sich bei einer Geschwindigkeitsüberwachung nicht um ein Erwerbsgeschäft handle.
Da das Unternehmen lediglich dann einen monetären Ertrag erhalte, wenn die Messung als verwertbar eingestuft wurde, hat das Unternehme ein Eigeninteresse an der Herstellung verwertbarer Ergebnisse, sodass ein Interessenkonflikt bestehe, welcher im Rahmen einer hoheitlichen Maßnahme nicht zu akzeptieren sei. Da somit keine endgültige Abgleichung durch eine Ordnungsbehörde erfolge, sei das Gericht nicht davon überzeugt, dass es sich um unveränderte Daten handle.
Entscheidung des OLG Rostock:
Auf die Entscheidung des Amtsgerichtes Parchim vom 01.04.2015, Az.: 5 OWi 2032/14:
Das Amtsgericht Parchim sprach den Betroffenen frei, da die Rohmessdaten der Geschwindigkeitsüberwachungsanlage rechtlich unzulässig von einem Privatunternehmen im Rahmen eines mit dem Landkreis geschlossenen Dienstleistungsvertrages ausgewertet wurden und anschließend nur die aus den Rohdaten extrahierten Lichtbilder (Fahrzeuge nebst [vergrößertem] Kennzeichen, Foto des Fahrzeugführers) und die Datenleiste mit den Einzeldaten an den Landkreis zurückübermittelt wurden.
Hiergegen hatte die Staatsanwaltschaft ihre Rechtsbeschwerde gewandt.
Das OLG Rostock kommt zu der Überzeugung, dass bei Vorlage der Rohmessdaten und dem Vorwurf des Betroffenen der begangenen Geschwindigkeitsüberschreitung das Gericht gehalten sei, eine erneute Auswertung, notfalls durch einen Sachverständigen, vorzunehmen. Insbesondere sei es nicht zutreffend, dass das erstinstanzliche Gericht von einem Beweisverwertungsverbot bezüglich der aufbereiteten Messdaten ausgegangen sei, weil die Auswertung an der Messstelle von einer Verkehrsüberwachungsanlage erhoben wurde, ohne dass es eine Rechtsgrundlage gab und ohne dass Kontrollmöglichkeiten vorhanden waren.
Selbst bei Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung des erstinstanzlichen Gerichtes sei selbiges gehalten, nach seiner Verpflichtung zur umfassenden Sachverhaltsaufklärung (§ 46 Abs. 1 OWiG, § 244 Abs. 2 StPO) eine erneute und prozessordnungsgemäße Auswertung der weiterhin vorhandenen Rohdaten mittels der dafür zugelassenen Software selbst vorzunehmen oder durch dafür sachverständige Dritte durchführen zu lassen. Das Gericht weist darauf hin, dass dies durchzuführen sei, da durch den Tatrichter ein Beweiserhebungs- oder –verwertungsverbot bezüglich der Rohdaten begründet worden sei.
Das Gericht weist darauf hin, dass die Mitarbeiter des privaten Dienstleisters von den Verwaltungsbehörden insoweit als Sachverständige oder sachverständige Zeugen in Anspruch genommen werden könnten, gem. § 46 Abs. 2 OWiG i. V. m. §§ 72 ff., § 161 Abs. 1 Satz 1 StPO.
Diese Auswertung durch einen für derartige Aufgaben herangezogenen Sachverständigen könne das Gericht dann eigenverantwortlich prüfen und kontrollieren. Das Gericht werde sich, ebenfalls wie die Verwaltungsbehörde, im Vorfeld davon zu überzeugen haben, dass die Auswertung der Rohdaten beim privaten Anbieter durch dafür geschultes und regelmäßig hinsichtlich ihrer ordnungsgemäßen Aufgabenerledigung überwachten Mitarbeiter unter Einhaltung der dafür vorgeschriebenen Verfahrensweisen mittels eines zugelassenen standardisierten Messverfahrens mit von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt genehmigten Software erfolgt.
Soweit dies erfolgt sei, können die Verwaltungsbehörden von der Richtigkeit des Ergebnisses ausgehen. Selbst, wenn diese Handlung erlasswidrig sei, komme es nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, da dieser Erlass, der allein dem öffentlichen Interesse der Organisation des Messvorganges und seiner Auswertung diene, ausschließlich im Innenverhältnis der Verwaltungs- und Aufsichtsbehörde Bindungswirkung entfalte.
Bedeutung für die Praxis:
Das Urteil des Amtsgerichtes Kassel hat in dem Bereich der Geschwindigkeitsmessung durch private Dienstleister zu erheblichen Auswirkungen geführt, ebenso wie das Urteil des Amtsgerichtes Parchim.
Die vorinstanzlichen Richter machten sehr deutlich, dass das Aufstellen dieser durch private Dienstleister betriebenen Geschwindigkeitsmessanlagen offensichtlich lediglich dem monetären Interesse des Aufstellers und der Gemeinden gelte und nichts mit einer staatlichen Verkehrsüberwachung zu tun habe.
Diese Argumentation stieß lange Jahre auf taube Ohren bei den Gerichten.
Es war zu erwarten, dass aufgrund der „Einnahmesituation“ aus Sicht der Behörden eine anderweitige Entscheidung herbeizuführen war.
Zu berücksichtigen ist natürlich, dass nach der Ansicht des OLG Rostock ein Unternehmen, welches mit verwertbaren Fotos einen Gewinn erzielt, die Richtigkeit seiner Auswahl und damit seiner Gewinnerzielung selbst noch als sachverständiger Zeuge gegenüber den Verwaltungsbehörden bestätigen soll. Worin da noch eine Unabhängigkeit zu sehen ist mit der Auffassung des Amtsgerichtes Kassel, ist nicht mehr nachvollziehbar.
In der Praxis hat sich herausgestellt, dass vom Gericht eingesetzten Sachverständigen oftmals lediglich die Überprüfung der Wartungsprotokolle und die Hardware-Überprüfung bei der Begutachtung aufgegeben wird. Es ist darauf zu achten, dass die Originalbedienungsanleitung vorgelegt wird und der Sachverständige Einblick in die Software und die tatsächliche Auswertung der einzelnen Vorgänge erhalten muss. Nur dann kann er die Ordnungsgemäßheit überprüfen, wobei beides nicht durch die nach dem OLG Rostock „eigenen Sachverständigen oder sachverständigen Zeugen des Unternehmens“ vorgeprüft wird.
Interessant ist auch die Prüfung, ob für solche Messvorgänge eine Ermächtigungsgrundlage vorliegt. Dies ist in den einzelnen Bundesländern durchaus unterschiedlich.
Amtsgericht Kassel, Urteil vom 14.04.2015 – Az.: 385 OWi – 9863 Js 1377/15
Stand: 19.06.2016
Strafen
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Cannabis
Der Konsum von Cannabis kann schon allein für sich, aber erst recht am Steuer zu ernsthaften strafrechtlichen Konsequenzen führen.
weiterlesenIn aller Regel kommt es zumindest vorübergehend zum Verlust der Fahrerlaubnis. Im Fall einer Verkehrskontrolle durch die Polizei werden Betroffene oft danach gefragt, ob sie Cannabis konsumiert haben. Ist es für jemanden, der eine Strafverfolgung oder den Verlust der Fahrerlaubnis fürchtet, ratsam, auf diese Frage mit einer Aussage zum persönlichen Genuss von Cannabis zu antworten?
„Ich sage nichts ohne meinen Anwalt.“Wer hat diesen Spruch nicht schon einmal gehört – meist in Krimis oder Spielfilmen, die die Realität ja meist überzogen darstellen. Gerade deshalb scheint diese Aussage für viele Betroffene ohne echte rechtliche Bedeutung zu sein – auch bei der Frage nach Cannabis, denn geht es in Krimis nicht meist um Mord? Nichts ist falscher als das.
Als Beschuldigter genießt man in Deutschland ein umfassendes Schweigerecht – gleichgültig, ob es um Parkverstöße, Cannabis oder Mord geht. Gerade gegenüber Polizisten, die bei Verkehrskontrollen den erstmaligen Kontakt mit dem Beschuldigten aufnehmen, ist die Inanspruchnahme dieses Rechts immer ratsam – auch bei Fragen zum Cannabiskonsum. In der „Hitze des Gefechts“ – man ist unerwartet in eine Situation geraten, auf die man meist gar nicht vorbereitet ist – wird man zu unüberlegten Äußerungen hingerissen, die man nicht mehr rückgängig machen kann: Denn der Polizist – gegenüber dem eine Aussage gemacht wurde und der diese meist sofort notiert – ist ein potenzieller Zeuge in einem Strafverfahren.
Schweigen hilft im Prozess kaum weiter, wenn eine belastende Zeugenaussage vorliegt.
Das Schweigen allein darf einem Beschuldigten niemals negativ angerechnet werden. Besteht jedoch eine belastende Zeugenaussage, kann das Schweigen diese auch nicht widerlegen. Dann müssen schon andere Maßnahmen aus der Strafprozess-Werkzeugkiste eines Anwalts gezogen werden. Zum Beispiel die Glaubwürdigkeit eines Zeugen in Zweifel ziehen oder einzelne Beweismittel aus verfahrensrechtlichen Gründen nicht für die Urteilsfindung zulassen. Das kann aber sehr schwer sein und ist oft wenig aussichtsreich.
Spontane Äußerungen bei Verkehrskontrollen sind oft gefährlich.Ein Beispiel für die Gefährlichkeit von Spontanäußerungen zum Konsum von Cannabis: Bei einer Kontrolle befragt, äußerte sich ein Autofahrer über seinen Cannabiskonsum dahingehend, dass er seit einem dreiviertel Jahr fast täglich Cannabis zu sich nehme. In diesem Fall lag unzweifelhaft ein Sachverhalt vor, der es rechtfertigte, wegen fehlender Eignung zum Führen eines Kfz die Fahrerlaubnis zu entziehen. Ein Verfahren, das die Polizei noch vor Ort in die Wege leitete.
Die Blutprobe konnte diese Angaben jedoch nicht bestätigen. Die verschiedenen THC-Werte (Inhaltsstoffe von Cannabis) waren relativ gering, jedenfalls so gering, dass ein verkehrs- und strafrechtlich relevanter Konsum von Cannabis allein mit diesen Werten nicht nachzuweisen war. Wenn der Betroffene über seinen regelmäßigen Genuss von Cannabis nichts gesagt hätte, wäre also strafrechtlich wahrscheinlich nichts passiert – auch die Fahrerlaubnis wäre (zunächst) nicht entzogen worden.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil zum Konsum von Cannabis und der Fahrerlaubnisentziehung im Jahr 2009 klargemacht, dass schon allein eine Aussage zum Genuss von Cannabis ausreichen kann, den Führerschein einzuziehen – auch wenn die Blutwerte die Aussage nicht untermauern können.
Hätte der Betroffene geschwiegen, hätte er eine Chance gehabt.Der Autofahrer wäre aufgrund der niedrigen, aber immerhin vorhandenen Nachweise von Cannabiskonsum sicherlich zu einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU) herangezogen worden. Diese hätte ihm aber die Möglichkeit offengelassen, Zweifel über seine Eignung als Kfz-Führer auszuräumen.
Man sieht, dass es für Konsumenten von Cannabis auf jeden Fall ratsam ist, von Aussagen gegenüber der Polizei abzusehen. Folgen können der Verlust des Führerscheins, hohe Geldstrafen oder sogar Freiheitsstrafen sein.
Ein Verzicht auf das Schweigerecht kann teuer werden.Im Extremfall reicht allein die unbedachte Aussage, man hätte irgendwann Cannabis zu sich genommen, um einen „Rattenschwanz“ von Ermittlungen nach sich zu ziehen. Diese müssen sich nicht nur auf den Konsum von Cannabis und die daraus folgende Fahruntüchtigkeit beziehen. Auch der Erwerb oder der Verdacht, dass Handel mit Cannabis – oder eventuell sogar härteren Drogen – betrieben wird, könnten die Strafverfolgungsbehörden veranlassen, weitere Ermittlungen zu führen. Der Tipp kann deshalb nur lauten, auf das Recht zur Aussageverweigerung nicht – zumindest nicht vorschnell – zu verzichten. Gegenüber der Polizei sollte deshalb auch bei Fragen, die im Zusammenhang mit Cannabis stehen, keine Antwort gegeben werden.
Geboten ist aber in jedem Fall, rechtzeitig einen Rechtsanwalt einzuschalten. Dieser wird – auch weil er zur Akteneinsicht berechtigt ist – abwägen können, ob oder wann eine Einlassung zweckdienlich ist. Oft kann auch in Fällen, die zunächst aussichtslos erscheinen, eine wohlüberlegte, durch einen Rechtsanwalt eingeführte Einlassung dazu führen, dass das Gericht von Strafzumessungserwägungen ausgeht, die für den Betroffenen positiv sind.
Das Schweigerecht hat Verfassungsrang. Es kennzeichnet einen Rechtsstaat. Aus der Inanspruchnahme dieses Rechts darf einem Beschuldigten niemals ein Nachteil entstehen. Geschieht dies vor Gericht trotzdem, stehen einer erfolgreichen Revision Tür und Tor offen.
Stand: 15.05.2012
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Fahrverbot
Bei Verkehrsverstößen muss der Verkehrsteilnehmer mit einem Fahrverbot oder der Entziehung seiner Fahrerlaubnis rechnen.
weiterlesenDas Fahrverbot wird von der Bußgeldbehörde oder nach dem Einspruch des Betroffenen und in Strafverfahren vom Gericht verhängt. Für den Zeitraum des Verbotes ist der Führerschein bei der Ordnungsbehörde und soweit das Verbot vom Gericht verhängt wurde, bei der Staatsanwaltschaft abzugeben. Rechtsgrundlage für ein Fahrverbot sind das Straßenverkehrsgesetz und das Strafgesetzbuch.
Entziehung der Fahrerlaubnis ist dauerhaftIm Unterschied zum Fahrverbot wird der Führerschein bei der Entziehung der Fahrerlaubnis dauerhaft entzogen. Zweck ist, ungeeignete Kraftfahrzeugführer aus dem Straßenverkehr fernzuhalten. Das Gericht entzieht die Erlaubnis, wenn jemand wegen einer bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs begangenen, rechtswidrigen Tat verurteilt wird und sich aus der Tat ergibt, dass er zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Hier kommen insbesondere die Gefährdung des Straßenverkehrs, Trunkenkeit im Verkehr, Unfallflucht oder eine Vollrauschtat in Betracht. Die Begehung dieser Straftaten indiziert die Ungeeignetheit.
Fahrverbot hat WarnfunktionDas Fahrverbot hingegen beschränkt sich auf einen Zeitraum von bis zu drei Monaten. Bei welchem Verstoß welche Dauer eines Verbots verhängt wird, bestimmt sich nach dem amtlichen Bußgeldkatalog. Das Verbot hat eine Warnfunktion und soll leichtsinnige und nachlässige Verkehrsteilnehmer von erneuten Verkehrsverstößen abhalten. Ein Fahrverbot wird regelmäßig angeordnet, wenn der Verkehrsteilnehmer wegen Gefährdung oder Trunkenkeit im Verkehr zwar verurteilt, aber vom Entzug der Fahrerlaubnis abgesehen wurde. In diesen Fällen wird unterstellt, dass der Fahrer für den Straßenverkehr noch nicht gänzlich ungeeignet ist.
Fälle dieser Art sind Verkehrsordnungswidrigkeiten wie erhebliche Geschwindigkeitsüberschreitungen, wiederholte Tempoverstöße, das eklatante Unterschreiten des Sicherheitsabstandes, erhebliche Pflichtverletzung beim Überholen und beim Spurwechsel oder das Überfahren einer Ampel, wenn diese mehr als eine Sekunde Rotlicht zeigte oder andere Verkehrsteilnehmer gefährdet wurden. Ein Verbot wird regelmäßig auch angeordnet, wenn Alkohol oder Rauschmittel im Spiel waren.
Nur Kraftfahrzeuge kommen in BetrachtEin Fahrverbot kann nur beim Führen eines Kraftfahrzeugs, also eines Fahrzeuges, das durch Maschinenkraft bewegt wird, verhängt werden. Auch Mofas und Fahrräder mit Hilfsmotor sowie Bagger sind Kraftfahrzeuge. Die Rechtsprechung qualifiziert auch elektrische Krankenstühle als Kraftfahrzeuge. Allerdings kann ein Verbot nur verhängt werden, wenn der Behinderte in der Lage war, einen handbetriebenen Rollstuhl selbst zu bewegen.
Keine Kraftfahrzeuge im Sinne des Gesetzes sind abzuschleppende Fahrzeuge, Fahrräder, Lokomotiven und Wasserfahrzeuge. Für Schiffe und Boote können durch die Wasser- und Schifffahrtsdirektionen sowie die Schifffahrtsgerichte Fahrverbote nach den Sportbootführerscheinverordnungen und dem Seesicherheitsuntersuchungsgesetz angeordnet werden.
AusnahmefälleIn Ausnahmefällen können die Bußgeldbehörde und die Gerichte von einem Verbot absehen oder das Verbot auf einzelne Fahrzeugarten beschränken. Es ist zu prüfen, welche Auswirkungen ein Verbot auf den Täter im Einzelfall haben würde. Insbesondere ist festzustellen, ob der Täter unverhältnismäßig hart bestraft würde. In dafür geeigneten Fällen kann die Erhöhung der Geldbuße ausreichen, um der Denkzettelfunktion zur Wirkung zu verhelfen. Voraussetzung ist, dass der Fall Ausnahmecharakter hat und Abweichungen vom Normalfall aufweist. Fahrten unter Alkohol werden kritisch beurteilt.
Ein solcher Ausnahmefall kann vorliegen, wenn ein Selbstständiger die Existenz seines Gewerbebetriebes riskierte oder ein Arbeitnehmer mit dem Arbeitsplatzverlust rechnen müsste. In diesem Bereich ist die Rechtslage ein wenig unübersichtlich. So kann ein Kurierdienstfahrer, der wegen außergewöhnlich schlechter, wirtschaftlicher Verhältnisse weder Urlaub machen noch einen Fahrer einstellen kann, mit Gnade rechnen. Allerdings gibt es bei der dritten Geschwindigkeitsüberschreitung innerhalb kurzer Zeit kein Entgegenkommen mehr. Bei einem Steuerberater mit ländlicher Praxis reicht allein die berufliche Nutzung des Pkw nicht aus. Ihm sind die Kosten eines Aushilfsfahrers oder die Aufnahme eines Kredits zuzumuten.
Auch die Auswirkungen auf nahestehende Dritte sind von Belang. Bedarf ein Angehöriger besonderer Pflege und ist keine andere Pflegeperson verfügbar, kann die betreuende Person auf die Nutzung Ihres Fahrzeuges angewiesen sein und darf mit Entgegenkommen rechnen. Ebenso kann eine überlange Verfahrensdauer die Erforderlichkeit eines Fahrverbots entfallen lassen, sofern sie nicht vom Betroffenen verursacht wurde und er sich in der Zwischenzeit verkehrsgerecht verhalten hat. Die Gerichte gehen von einem Richtwert von zwei Jahren zwischen dem Zeitpunkt der Tat und der Verurteilung aus.
Beschränkung auf bestimmte Fahrzeugarten
Die Bußgeldbehörde oder das Strafgericht können das Fahrverbot auch auf bestimmte Fahrzeugarten beschränken. Müsste ein Berufskraftfahrer den Verlust seines Arbeitsplatzes in Kauf nehmen, kann es verhältnismäßig sein, ihm zwar die Benutzung seines privaten PKW zu verbieten, ihm aber die Führung eines Fahrzeugs mit einem Gesamtgewicht ab 2,8 Tonnen zu erlauben.
Zeitpunkt der Abgabe des FührerscheinsDas Fahrverbot beginnt frühestens mit der amtlichen Verwahrung des Führerscheins. Um die Dauer des Verbots so kurz wie möglich zu halten, ist es sinnvoll, den Führerschein einen Tag vor oder am Tag der Rechtskraft des Bescheides der Behörde zu übergeben.
Wer in einem Zeitraum von zwei Jahren vor dem Verkehrsverstoß nicht mit einem Verbot belegt wurde, kann bei einem Verstoß gegen das Straßenverkehrsgesetz die Abgabe seines Führerscheins vier Monate verzögern. Der Verkehrssünder kann innerhalb von vier Monaten selbst bestimmen, wann das Verbot wirksam wird und die Zeitspanne nutzen, um das Verbot in den Urlaub zu verlegen. Hat der Verkehrssünder hingegen gegen das Strafgesetzbuch verstoßen, wird das Verbot mit der Rechtskraft der Entscheidung wirksam. In diesem Fall ist der Führerschein sofort abzugeben. Vollstreckungsbehörde ist bei gerichtlichen Straf- und Bußgeldentscheidungen die Staatsanwaltschaft, bei Entscheidungen der Verwaltungsbehörde die Bußgeldstelle. In verschiedenen Verfahren angeordnete Verbote sind nicht aufeinanderfolgend, sondern gleichzeitig zu vollstrecken.
Wer während eines laufenden Fahrverbots ein Fahrzeug führt, macht sich strafbar wegen Fahrens ohne Führerschein und riskiert eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder Geldstrafe sowie die Verhängung einer zusätzlichen Sperrfrist für die Neuerteilung seines Führerscheins. Ist zusätzlich Alkohol und Trunkenkeit im Spiel, verschärft sich die Situation.
Stand: 30.04.2012
Unfall
Ein Verkehrsunfall ist schnell passiert. Dann brauchen Sie eine Anwalt, der sich im Verkehrsrecht auskennt.
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Haushaltsführungsschaden
Eine gern vergessene Schadenposition: der Haushaltsführungsschaden.
weiterlesenIst es zu einem Verkehrsunfall gekommen, stehen den daran Beteiligten unterschiedliche Ansprüche zu. Welche im Einzelnen für den Geschädigten zu regulieren sind, bedarf einer ordentlichen Aufklärung des Sachverhalts. Einige Schadenpositionen werden bei der Regulierung der Schäden und Ersatzansprüche gerne übersehen. Zu diesen gehört auch die Geltendmachung von Kosten für eine Haushaltshilfe beziehungsweise der Haushaltsführungsschaden.
Anspruchsgrundlage für diese Schadenposition bildet § 843 Absatz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Kosten für eine Haushaltshilfe sind dann als Haushaltsführungsschaden erstattungsfähig, wenn der Geschädigte aufgrund einer unfallbedingten Verletzung nicht mehr in der Lage ist, die im Haushalt anfallenden Tätigkeiten selber zu verrichten. Das reicht vom Kochen und Saubermachen bis zu persönlicher Pflege, wenn sich der / die Geschädigte nicht selbst waschen oder anziehen kann. Hat man zur Erledigung dieser Tätigkeiten eine Haushaltshilfe eingestellt, kann das Gehalt und die sonstigen Kosten der Haushaltshilfe von dem Schädiger oder dessen Versicherung zurückgefordert werden. Gleiches gilt, wenn man (vorübergehend) in einem Heim gepflegt werden muss.
Dies stellt die so genannten vermehrten Bedürfnisse dar.Vermehrte Bedürfnisse sind solche, die der Verletzte dadurch hat, dass er aufgrund der erlittenen Verletzungen in seinen Fähigkeiten gehandicapt ist und zur Erledigung ihm vorher möglicher Tätigkeiten nunmehr fremder Hilfe bedarf. Zu den vermehrten Bedürfnissen gehört aber zugleich auch alles, was der Verletze benötigt, um möglichst so wie vorher leben zu können. Hierzu zählen Schreib- und Lesehilfen, besondere Kleidung oder Schuhe, ein behindertengerechtes Fahrzeug und gegebenenfalls der behindertengerechte Umbau der Wohnung.
War bislang die Rede davon, dass der Verletzte die Hilfe beziehungsweise Dienstleistungen einer ihm fremden dritten Person in Anspruch genommen hat und diese Kosten erstattet erhält, so gilt im Ergebnis nichts anderes, wenn der Verletzte von Verwandten oder dem Lebenspartner versorgt wird. Auch in diesen Fällen ist Schadenersatz zu leisten. Für die Arbeit der Verwandten oder des Lebenspartners kann der Verletzte die Kosten geltend machen, die ihm entstanden wären, wenn er eine Haushaltshilfe eingestellt hätte. Es sind insoweit die fiktiven Kosten zu erstatten. Die Hilfe durch die Verwandten erfolgt in der Regel aus Gefälligkeit oder Zuneigung zum Geschädigten, nicht jedoch aus Gefälligkeit oder Zuneigung zum Unfallverursacher.
Es ist jedoch zu beachten, dass für die Geltendmachung des Haushaltsführungsschadens zwei verschiedene Anspruchsgrundlagen in Frage kommen können.Zum einen kann der Haushaltsführungsschaden vermehrte Bedürfnisse darstellen, zum anderen aber auch reiner Erwerbsschaden, also Verdienstausfall sein. Zum Verdienstausfall ist aber nur der Teil der Hausarbeit zu zählen, die der Verletzte zugunsten seiner Angehörigen erbracht hat. Daher hat auch die „Hausfrau“ / der „Hausmann“ Verdienstausfall zu erhalten. Ebenso wie der Schädiger ausgefallenen Verdienst aus abhängiger beziehungsweise selbständiger Beschäftigung ersetzen muss, ist auch die reine Hausarbeit zu vergüten. Auch dies ist Arbeit und muss von den Verwandten mit erledigt werden.
Daher steht wohl auch den die Arbeit leistenden Verwandten der Ersatzanspruch zu und nicht dem Geschädigten direkt. Für die Teile der Hausarbeit, die der Verletzte nicht für andere, sondern für sich selbst erbracht hat, ist kein Verdienstausfall zu leisten. Kann der Verletzte diese Arbeiten ganz oder teilweise nicht erledigen, so stellt dies die oben beschriebenen vermehrten Bedürfnisse dar.
Darlegungs- und beweispflichtig, ob und in welchem Umfang der Haushaltsführungsschaden entstanden ist, ist der anspruchstellende Geschädigte.In seinem Urteil vom 3. Februar 2009 hat der Bundesgerichtshof (BGH) dazu Stellung genommen (Aktenzeichen VI ZR 183/08). Die Bundesrichter haben ausgeführt, dass „bei der Schätzung des Haushaltsführungsschadens nach § 287 Zivilprozessordnung sich der Tatrichter in Ermangelung abweichender konkreter Gesichtspunkte grundsätzlich an dem Tabellenwerk von Schulz-Borck/Hofmann (Schadensersatz bei Ausfall von Hausfrauen und Müttern im Haushalt) orientieren [darf]“. Die Grundlagen für diese Schätzung durch den Richter sind aber zunächst von dem Geschädigten substantiiert vorzutragen. Eine schlichte Bezugnahme auf eine fiktive Schadensberechnung ist nicht ausreichend.
Für eine schlüssige Anspruchsstellung ist folgender Sachvortrag erforderlich:
Umfang und Struktur des Haushalts des Geschädigten (Größe der Wohnung / des Hauses, Anzahl der Personen, Anzahl der erwerbstätigen Personen);
Art und Dauer der von dem Geschädigten ausgeführten häuslichen Arbeiten;
Benennung der konkreten Beeinträchtigung dieser Arbeiten durch die erlittenen Verletzungen.
Selbstverständlich steht dem Verletzten neben dem Anspruch auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld zu.
Während der Ersatz des Haushaltsführungsschadens unfallbedingte Aufwendungen abdecken soll, soll durch ein Schmerzensgeld ein (billiger) Ausgleich für Schäden nicht vermögensrechtlicher Art in Geld und zugleich auch eine Genugtuung für erlittene Beeinträchtigungen geschaffen werden. Insoweit wird durch das zu zahlende Schmerzensgeld eine im Vergleich zum Haushaltsführungsschaden andere Kategorie der Schadenersatzansprüche abgedeckt.
Fazit: Der Ersatz des Haushaltsführungsschadens dient der Abdeckung unfallbedingter Schadensfolgen, aufgrund derer der Geschädigte seinen „häuslichen Pflichten“ nicht mehr in der gewohnten Art und Weise nachkommen kann und sich deswegen der Hilfe Dritter bedienen muss. Gleichwohl ist die Berechnung und Darlegung des entstandenen Schadens nicht so leicht zu bewältigen, wie dies bei der Berechnung anderer Schadenpositionen nach einem Verkehrsunfall der Fall ist.
Stand: 07.05.2013
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Nutzungsausfall
Je länger der Nutzungsausfall dauert, umso höher ist der Schaden, der dem Unfallopfer entsteht.
weiterlesenWer durch einen Verkehrsunfall einen Schaden an seinem Fahrzeug erleidet, muss auf dieses eine Zeitlang verzichten oder für Mietwagenkosten aufkommen. Bei diesen Kosten handelt es sich um den so genannten Nutzungsausfall. Meistens wollen die Versicherer des Unfallgegners die wahre Dauer eines Nutzungsausfalls im Rahmen der Schadensregulierung nicht gelten lassen.
Die Dauer des Nutzungsausfalls ist immer wieder Streitgegenstand. Und immer wieder werden über dieses Thema Prozesse geführt. Dabei scheint es grundsätzlich einfach zu sein: Der Geschädigte hat einen Anspruch auf Entschädigung, das heißt Zahlung eines Geldbetrags, der sich nach der Zeit bemisst, in der er seinen Wagen nicht nutzen konnte (Nutzungsausfall-Entschädigung). Ist das beschädigte Auto nicht fahrbereit und nimmt der Unfallgeschädigte in dieser Zeit einen Leihwagen in Anspruch, bemisst sich die Entschädigung für den Nutzungsausfall nach den entstandenen Mietwagenkosten. Die Mietwagenkosten werden natürlich anteilig berechnet.
Selbstverständlich gilt: So lange das Fahrzeug fahrbereit und verkehrssicher zu fahren ist, können prinzipiell nur die Zeiten als Nutzungsausfall gelten, die tatsächlich für die Reparatur aufgewendet wurden. Auch wer einen Zweitwagen zur Verfügung hat, kann sich nicht darauf berufen, Schäden in Form eines Nutzungsausfalls zu haben.
Wann endet der Nutzungsausfall?Das hängt von der gewählten Art der Schadensregulierung ab. Entweder ist dies der Zeitpunkt, zu dem die Reparatur erfolgreich abgeschlossen ist und der Wagen wieder benutzt werden kann oder das Datum, zu dem ein anderes Fahrzeug als Ersatz zur Verfügung steht. Die Versicherer setzen als Grundlage für die Bemessung der Dauer des Nutzungsausfalls in der Regel den Zeitraum fest, der im Sachverständigengutachten genannt wird.
Drei Zeiträume sind es, aus denen sich der Ausfallzeitraum zusammensetzt:
die Zeit, die die Schadensermittlung in Anspruch nimmt,
der Überlegungszeitraum und
die erforderliche Zeit für eine Reparatur beziehungsweise eine Wiederbeschaffung.
Voraussetzung für die Geltendmachung eines Nutzungsausfalls ist natürlich, dass das Fahrzeug nicht verkehrstauglich ist. Kann es trotz des Schadens gefahren werden, ist ein Nutzungsausfall nicht gegeben. Der Zeitraum, der für die Ermittlung des Schadens erforderlich ist – dies sind oft mehrere Tage – wird aber von den Versicherern meist völlig außer Acht gelassen.
Wichtig ist bei der Schadensermittlung, dass der Unfallgeschädigte sich ohne schuldhaftes Zögern um die Feststellungen bemüht.Tut er dies nicht, trifft ihn ein Mitverschulden gemäß § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuches, weil er seiner Pflicht zur Schadensminderung nicht nachgekommen ist. Die von ihm aufgrund einer Verzögerung zu verantwortende, zeitliche Verlängerung des Nutzungsausfalls muss er dann selbst tragen.
Nach dem Zeitraum für die Schadensermittlung folgt unter Umständen ein Überlegungszeitraum. Dieser ist dann notwendig, wenn die Kosten für eine Reparatur zwischen 100 und 130 Prozent der erforderlichen Kosten für die Beschaffung eines gleichwertigen Gebrauchtwagens liegen. Auch dieser Zeitraum kommt für die Bemessung des Nutzungsausfalls in Betracht. Die Rechtsprechung argumentiert, dass es für den Geschädigten eine gewisse Zeit benötigt, um die Entscheidung zu treffen, ob er sich dem Risiko eines Gebrauchtwagenkaufs aussetzt oder das beschädigte Fahrzeug reparieren lässt. Fünf Tage Überlegungszeitraum werden als angemessen anerkannt – von der Rechtsprechung. Die Versicherungen sehen dies in der Regel anders: Sie lassen einen Überlegungszeitraum oft von vornherein nicht gelten.
Der Reparaturzeitraum – beziehungsweise der Wiederbeschaffungszeitraum – ergibt sich zumeist aus den Feststellungen des Sachverständigengutachtens.Es kommt in der Realität aber immer wieder vor, dass diese Dauer – zum Teil auch erheblich – überschritten wird. Die Instandsetzung eines Fahrzeugs verzögert sich nicht selten, weil bestimmte Ersatzteile nicht verfügbar sind und diese bestellt werden müssen. Die Rechtsprechung bemisst in solchen Fällen die Dauer des Reparaturzeitraums als Bestandteil des Nutzungsausfalls nach der tatsächlich aufgewendeten Zeit, auch wenn die Reparaturzeit über der im Gutachten festgesetzten Dauer liegt.
Auch wenn ein Ersatzfahrzeug angeschafft wird, ist der Zeitpunkt der Anschaffung nicht gleich der Zeitpunkt, zu dem der Käufer tatsächlich über den Wagen verfügen kann. Dass auch hier erhebliche Verzögerungen auftreten können, sehen viele Versicherer nicht und setzen pauschal den Zeitpunkt der Anschaffung als Ende des Nutzungsausfalls fest.
Fazit: In der Regel bestehen zwischen den Zeiträumen, die tatsächlich einen Nutzungsausfall darstellen, und denen, die von Versicherungen zugestanden werden, zum Teil erhebliche Unterschiede. Mit pauschalen Verweisen auf Sachverständigengutachten haben Versicherungen vor Gericht aber wenig Erfolg. Im Rahmen der Schadensregulierung ist es deshalb wichtig, einen fachkundigen Rechtsanwalt zu beauftragen. Wer dies nicht tut und die von den Versicherungen festgesetzten Zeiträume für einen Nutzungsausfall ohne Weiteres akzeptiert, verliert bares Geld.
Stand: 21.05.2012
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Personenschäden
Wer haftet für Personenschäden bei Fahrten auf Wettkämpfe, zu Lehrgängen, zum Training oder anderen Vereinsveranstaltungen?
weiterlesenFür Amateursportvereine gilt, dass sie grundsätzlich nicht für eventuelle Schäden haften, die bei dem Transport von Personen zu Wettkämpfen, zum Training oder zu sonstigen Veranstaltungen durch Mitglieder oder Eltern entstehen. Wenn Eltern daher Kinder zu Veranstaltungen fahren, haftet der Verein nicht für eventuelle Schäden. Auch die normale Kfz-Haftpflichtversicherung kommt nur für Schäden auf, die etwa an einem anderen Auto entstehen und gerade nicht für Schäden, die den Kindern passieren, die mitgenommen werden. Es ist daher Eltern und anderen Personen grundsätzlich zu empfehlen, dass sie eine Insassenversicherung abschließen, wenn sie regelmäßig Kinder oder andere Vereinsmitglieder zu Veranstaltungen fahren. Ohne eine solche Insassenversicherung haften Eltern privat für Schäden, die den Insassen passieren, was sehr teuer werden kann. Weiterhin sollte stets mit den Eltern der Kinder abgesprochen sein, wer von wem mitgenommen wird.
Bei Fahrgemeinschaften muss jeder einzelne Fahrer eine eigene Insassenversicherung abgeschlossen haben. Etwas anderes gilt bei Angestellten des Vereins. Wenn diese im Rahmen ihrer Funktion im Verein tätig werden, etwa der Trainer, sind die im Arbeitsrecht entwickelten Grundsätze zur Haftungsfreistellung bei gefahrengeneigter Arbeit entsprechend anwendbar. Dies ergibt sich daraus, dass der Verein Mitglieder, die er zur Durchführung schadensträchtiger Aufgaben einsetzt und die dadurch in besonderem Maße ihrer vereinsrechtlichen Treupflicht genügen, grundsätzlich nicht mit den Folgen solcher Schäden belasten darf. Das gilt zumindest dann, wenn das Mitglied ehrenamtlich und demzufolge unentgeltlich tätig geworden ist.
Bei vom Verein ausgerichteten Trainingslagern im Ausland haftet der Verein für Schäden, die während der Fahrt, dem Aufenthalt und dem Training entstehen.In den meisten Fällen besteht jedoch auch eine Versicherung über den Verein. Die Landessportverbände schließen Sportversicherungsverträge ab. Für die Dauer der Mitgliedschaft ist das Vereinsmitglied bei sportlichen und sonstigen satzungsgemäßen Vereinsaktivitäten unfall- und haftpflichtversichert. Dies schließt Trainingslager im In- und Ausland ein. Zu differenzieren sind jedoch Schäden die während Aktivitäten entstehen, die eine Person alleine unternimmt und die nicht explizit vom Verein angeordnet wurden. Hier würde kein Versicherungsschutz bestehen.
Da der Verein hierfür unter Umständen trotzdem haften kann, sollte Einzeltraining immer vom Verein ausdrücklich angewiesen werden, damit ein Versicherungsschutz besteht. Auch muss gerade bei minderjährigen Vereinsmitgliedern auf die Aufsichtspflicht geachtet werden. Kinder werden für die Dauer des Trainingslagers dem Verein und seinen Mitarbeitern überlassen. Daher haftet der Verein auch für Verletzungen der Aufsichtspflicht. Hier muss jedoch immer auf den Einzelfall abgestellt werden, um die Frage zu klären, wie weit die Aufsichtspflicht im Einzelnen geht.
Stand: 14.01.2013
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Rückwärtsfahren
Erhöhte Sorgfaltspflicht beim Rückwärtsfahren auf einem Parkplatz.
weiterlesenDerjenige, der mit seinem Fahrzeug rückwärts fährt, unterliegt einer gesteigerten Sorgfaltspflicht. Er hat in besonderem Maße darauf zu achten, andere Verkehrsteilnehmer nicht zu behindern oder zu gefährden. Im Falle eines Unfalles wird sein (alleiniges) Verschulden vermutet.
Ab welchem Zeitpunkt entfällt diese Sorgfaltspflicht? Einem aktuellen Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 11. September 2012 zufolge, wirkt sich diese Pflicht selbst dann noch aus, wenn der Verkehrsteilnehmer bereits wieder zum Stehen gekommen ist (Aktenzeichen I-9 U 32/12). Dem Urteil lag ein Verkehrsunfall auf einem Parkplatz zu Grunde.
Eine Verkehrsteilnehmerin, die mit ihrem Fahrzeug auf der Parkplatzfahrbahn rückwärts fuhr, kollidierte mit einem anderen Verkehrsteilnehmer.Der Fahrer dieses anderen Fahrzeugs fuhr rückwärts aus einer Parklücke. Unmittelbar vor dem Zusammenstoß kam er jedoch wieder zum Stehen. Nun klagte er auf vollen Ersatz seiner Reparaturkosten und stützte sich hierbei auf die Tatsache, dass er im Zeitpunkt der Kollision bereits wieder gestanden habe. Im Unterschied zu der anderen Verkehrsteilnehmerin habe er daher keiner gesteigerten Sorgfaltspflicht mehr unterlegen.
Das Landgericht Essen folgte der Argumentation des Klägers in erster Instanz. Das Oberlandesgericht Hamm änderte das Urteil jedoch ab und stellte ein jeweils hälftiges Mitverschulden beider Verkehrsteilnehmer fest. Selbst wenn der Kläger unmittelbar vor dem Zusammenstoß bereits wieder gestanden habe, sei der Unfall noch auf die typischen Gefahren durch das Rückwärtsfahren zurück zu führen. Daher werde auch sein Mitverschulden aufgrund des vorherigen Rückwärtsfahrens vermutet. Die Abwägung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge führe demnach zu einer hälftigen Schadensteilung.
Stand: 14.01.2013
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Schaden im Ausland
Früher hatte ein Verkehrsunfall mit einem Schaden im Ausland zusätzlich zu den Misslichkeiten zur Folge, dass der Schaden vor Ort geltend gemacht werden musste.
weiterlesenDurch die Klage am Unfallort ergaben sich zwei große Unannehmlichkeiten:
das Einschalten eines ausländischen Rechtsanwalts sowie
häufig eine Terminwahrnehmung vor dem ausländischen Gericht.
Eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (13. Dezember 2007, Aktenzeichen C-463/06) hat diesem Missstand ein Ende bereitet und erleichtert es den Unfallopfern erheblich, einen Auslandsschaden geltend zu machen: Wenn bei einem Verkehrsunfall ein Schaden im Ausland entsteht, kann am Wohnsitz des Opfers geklagt werden, und zwar direkt gegen den ausländischen Versicherer. Voraussetzungen hierfür sind:
eine entsprechende unmittelbare Klage gegen den Haftpflichtversicherer muss nach dem Recht des Landes, in dem der Auslandsschaden entstanden ist, möglich sein und
der gegnerische Haftpflichtversicherer muss seinen Sitz in einem Mitgliedsland der EU haben.
Kurz nach dieser bahnbrechenden Entscheidung befasste sich der Bundesgerichtshof (BGH) ebenfalls mit einem Fall, der einen Schaden im Ausland zum Gegenstand hatte. Der BGH legte die EuGH-Entscheidung seinem Urteil zugrunde.
Der Unfallschaden im betreffenden Fall war in den Niederlanden entstanden.Der Geschädigte klagte an seinem Wohnsitz in Aachen gegen den Haftpflichtversicherer des Unfallgegners, der den Schaden im Ausland verursacht hatte. Das Amtsgericht Aachen hatte seine Zuständigkeit verneint, in den folgenden Instanzen sahen jedoch sowohl das Landgericht als auch der BGH die Zuständigkeit des Amtsgerichts in Aachen als gegeben an.
Problematisch und besonders zu prüfen ist bei Fällen mit einem Schaden im Ausland immer, ob eine Klage unmittelbar gegen die Haftpflichtversicherung des Schädigers nach dem jeweils einschlägigen, ausländischen Recht überhaupt möglich ist. Fast alle Mitgliedsstaaten der EU sehen die Möglichkeit einer Direktklage gegen die Versicherung bei Verkehrsunfällen mit einem Schaden im Ausland mittlerweile vor. In Portugal ist es sogar ausdrücklich vorgeschrieben, direkt gegen den Versicherer zu klagen.
Ein Schaden im Ausland kann natürlich nicht nur bei einem Verkehrsunfall passieren.Deshalb ermöglichen heute bereits einige EU-Länder auch für andere Haftungsfälle Direktklagen gegen Haftpflichtversicherungen. Beispiele sind Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger oder Radfahrer, aber auch Berufsgruppen wie Ärzte und Handwerker, die einen Schaden im Ausland verursachen.
Zusätzliche Verfahrenskosten werden allerdings bei Fällen, die einen Schaden im Ausland zum Gegenstand haben, auch bei einer in Deutschland erhobenen Klage nicht ausbleiben: Denn die Klage muss zugestellt werden – im Ausland. Was zur Folge hat, dass die Klageschrift in einer besonderen Fassung (ohne Paragrafenzeichen, ohne Abkürzungen) übersetzt werden muss – auf Kosten des Klägers, der diese zusätzlichen Ausgaben nur dann ersetzt bekommt, wenn er den Fall gewinnt.
Die Prozessführung richtet sich übrigens auch bei Verfahren, die einen Schaden im Ausland betreffen, nach dem deutschen Zivilprozessrecht. Für die letztendliche, materielle Entscheidung (zum Beispiel die Frage, wer Schuld hat, welche Fahrlässigkeitsmaßstäbe gelten) gilt allerdings das Recht vor Ort. Wer einen Schaden im Ausland erleidet, muss sich nach dem dort geltenden Recht beurteilen lassen.
Doch welcher Richter kennt sich schon in jedem ausländischen Rechtssystem aus?Bei Fällen mit einem Schaden im Ausland, die auch nach ausländischen Gesetzen zu beurteilen sind, sind deshalb in der Regel Gutachten notwendig, die Auskunft über die den Fall betreffenden, rechtlichen Aspekte geben. Diese Gutachten erstellte bisher oft das Max-Planck-Institut – ein zusätzlicher Kostenfaktor, der die Geltendmachung von Ansprüchen, die aus einem Schaden im Ausland resultieren, noch teurer machte.
Doch es gibt kostengünstigere Lösungen. Darauf hat das Oberlandesgericht München hingewiesen (10 U 4502/07, Urteil vom 18. Januar 2008). Ein europäisches Übereinkommen aus dem Jahr 1968 eröffnet dafür eine Möglichkeit: Wenn sich ein Gericht veranlasst sieht, bei einem Fall mit einem Schaden im Ausland weitere Informationen über die Rechtslage in einem bestimmten Land der EU einzuholen, können die dort zuständigen Behörden in Anspruch genommen werden, um diese Auskunft zu erteilen. Eine amtliche Auskunft ist aus Kostengründen dem Gutachten eines Instituts natürlich vorzuziehen.
Der „Opfergerichtsstand“ als perfekte Alternative zur Klage im Ausland?Ein in Deutschland ansässiger Rechtsanwalt hat gute Gründe, diese Möglichkeit bei Unfällen mit einem Schaden im Ausland nicht ganz so rosig zu sehen: Dem Kläger wird nämlich die Option genommen, den Versicherer zusammen mit dem Verursacher zu verklagen – was bei Fällen mit Unfällen in Deutschland fast immer gemacht wird, damit der Verursacher als Zeuge im Prozess um die Haftpflicht ausscheidet. Bei in Deutschland verhandelten Prozessen, die einen Schaden im Ausland betreffen, ist dies nicht möglich. Nur die gegnerische Versicherung kann ja am „Opfergerichtsstand“ verklagt werden.
Wer einen Schaden im Ausland erleidet, hat also bei der rechtlichen Geltendmachung seiner Ansprüche auch weiterhin zusätzliche Schwierigkeiten. Es bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber oder die Rechtsprechung die verbleibenden Missstände auf diesem Gebiet beseitigen.
Stand: 19.05.2012
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Unfallersatztarif
Bei vielen Unfallgeschädigten ist der Begriff Unfallersatztarif sehr unbeliebt.
weiterlesenMan hat schon die Unannehmlichkeiten eines Verkehrsunfalls hinter sich und ist froh, wenigstens einen Mietwagen zu bekommen – in der sicheren Erwartung, dass die Versicherung des verantwortlichen Unfallgegners für diese Kosten aufkommen wird. Irgendwann kommt dann das böse Erwachen: Die gegnerische Haftpflichtversicherung will nur für einen Teil der Anmietkosten aufkommen. Sie lässt einen höheren „Unfallersatztarif“, den der Autovermieter in Rechnung stellt, nicht gelten und bezahlt nur den normalen Miettarif. Auf den darüber hinausgehenden Kosten bleibt der Mietwagenentleiher sitzen – obwohl er an dem Unfall, der die Anmietung eines Leihwagens notwendig machte, nicht schuldig ist.
Unfallersatztarif – was ist das?Viele Autovermieter berechnen höhere Mietgebühren, wenn nach einem Unfall ersatzweise ein Wagen ausgeliehen wird, für dessen Mietkosten die gegnerische Haftpflichtversicherung aufkommen soll. Zusatzleistungen des Autovermieters, die ihren Grund in der besonderen Unfallsituation haben, sollen damit vergütet werden, zum Beispiel die Vorfinanzierung. Oft wird aber vom Verleiher pauschal ein Unfallersatztarif festgelegt ohne jegliche Angaben darüber, welche Extraleistungen im Vergleich zu dem Normaltarif für die selbe Art von Mietwagen und Vertragsleistung verlangt wird. Das lassen sich viele Versicherungen nicht gefallen und bezahlen nur den ortsüblichen Normaltarif.
Wenn der Autovermieter nicht nachweisen kann, worin der erhöhte Arbeitsaufwand bei einem Unfallersatztarif besteht und inwiefern eine eventuelle Mehrleistung auf die Unfallsituation zurück zu führen ist, sehen sich die Haftpflichtversicherungen meist nicht verpflichtet, für imaginäre Zusatzkosten aufzukommen. Und sie bekommen mit dieser Auffassung von den Gerichten regelmäßig Recht.
Seit einem Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2004 muss Autovermietern und Versicherungen bekannt sein, dass eine Versicherung nur zur Begleichung des örtlichen Normaltarifs verpflichtet ist.
Was darüber hinausgeht, muss betriebswirtschaftlich notwendig sein und vom Autovermieter belegt werden. Außerdem besteht für diesen die Verpflichtung, seinen Vertragspartner über eventuelle Schwierigkeiten zu informieren, die bei der Geltendmachung eines Unfallersatztarifes, der über dem örtlichen Normaltarif liegt, bei der gegnerischen Versicherung entstehen können.
Unterlässt der Autovermieter diese Information, wird er gegenüber dem Autoentleiher schadensersatzpflichtig: Dann muss der Unfallgeschädigte so gestellt werden, wie er stehen würde, wenn er über die rechtliche Lage aufgeklärt worden wäre. Er hätte sich auf einen teureren Unfallersatztarif wohl nicht eingelassen und nur für den örtlichen Normaltarif bezahlen wollen, den die gegnerische Versicherung zweifelsfrei ersetzt. Im Endeffekt bedeutet dies, dass nicht mehr der Wagenentleiher auf der Differenz für den teureren Tarif sitzen bleibt, sondern der Autoverleiher, der den Unfallersatztarif geltend macht. So ist die rechtliche Lage seit Ende 2004 – dem Zeitpunkt, zu dem das Urteil veröffentlicht wurde und damit den Betroffenen bekannt sein musste.
Wie sieht die Lage bei den Altfällen aus?Wer sich als Entleiher vor diesem Zeitpunkt auf einen erhöhten Tarif eingelassen hat, muss damit leben, diese Kosten wahrscheinlich nicht mehr zurück erstattet zu bekommen. Für seit dem Bestehen der Aufklärungspflicht durch den Entleiher Ende 2004 geschlossene Verträge ist entscheidend, ob der Schadensersatzanspruch gegenüber dem Entleiher aufgrund der Verjährungsfristen noch durchsetzbar ist oder nicht. In diesen Fällen gilt eine dreijährige Verjährungsfrist. Die Frist beginnt mit dem Ende des Kalenderjahres, in dem ein etwaiger Schadensersatzanspruch entstanden ist und der Geschädigte von der Person des Schuldners und von den Umständen Kenntnis erlangt hat, die den Anspruch begründen.
Stand: 30.04.2012
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Unfallschaden
Schadenerfassung durch KFZ-Sachverständige.
weiterlesenSollten Sie in einen unverschuldeten Unfall verwickelt sein, sind Sie Herr des Geschehensablaufes bei der Schadensregulierung. Sie alleine können die Werkstatt bestimmen, welche die Reparatur durchführt oder Sie lassen sich den Schadensbetrag auszahlen, um beispielsweise Ihr beschädigtes Fahrzeug bei dem Erwerb eines Neu- oder Gebrauchtwagens in Zahlung zu geben.
Mit dem Gutachten eines neutralen Sachverständigen und der Einschaltung eines Rechtsanwaltes Ihres Vertrauens sind Sie sicher, dass Sie einen 100prozentigen Schadenersatz bekommen. Als Geschädigter sind Sie gut beraten, wenn Sie die Reparatur in der Werkstatt ihres Vertrauens und nicht in dem Vertrauensbetrieb einer Versicherung durchführen lässt.
Unfallgeschädigte haben das Recht auf einen neutralen Sachverständigen.Nach einer schuldlosen Karambolage haben die Geschädigten das uneingeschränkte Recht auf einen neutralen Gutachter. Dies ist gefestigte Rechtsprechung. Ebenso steht den Geschädigten das Recht zu, einen Anwalt ihrer Wahl einzuschalten. Sowohl die Kosten für den Sachverständigen als auch für den Rechtsanwalt sind bei uneingeschränkter Haftungsquote von der Versicherung des Schädigers zu übernehmen.
In letzter Zeit wird jedoch mit Sorge beobachtet, dass manche Versicherer mit Schadensmanagementmethoden Einfluss auf die Abwicklung des Schadens und auf den Reparaturweg nehmen wollen. Hierzu werden Fahrzeuge in Vertrauensbetriebe der Versicherung gelenkt, die für die Gesellschaften kostengünstig reparieren. Ob solche Reparaturen dem Stand der Hersteller- und Sicherheitsvorschriften entsprechen bleibt dahingestellt. Qualität hat nun mal ihren Preis. Moderne Fahrzeuge sind mit komplexen Elektroniksystemen ausgestattet und verfügen über hochfeste Karosseriebleche. Diese dürfen nicht ohne weiteres zurück verformt und gerichtet werden. Hier ist die Fachkompetenz eines qualifizierten Sachverständigen gefragt, der den Reparaturweg nach den Herstellervorschriften festlegt.
Einige Versicherer behaupten ferner, dass ein Sachverständigengutachten nicht benötigt oder ein solches nicht bezahlt würde.Eine solche Auskunft ist jedoch falsch. Ein Gutachten ist ab der Bagatellgrenze von etwa 700 Euro gerechtfertigt und muss auch von der eintrittspflichtigen Versicherung bezahlt werden. In einem solchen Sachverständigengutachten werden alle relevanten Kosten und auch die Wertminderung berücksichtigt. Wird lediglich der Kostenvoranschlag einer Werkstatt eingeholt, ist eine dem Geschädigten zustehende Wertminderung hierin nicht enthalten. Aus Gründen der Beweissicherung und der vollständigen Schadenerfassung für eventuelle spätere Auseinandersetzungen mit der gegnerischen Versicherung ist dazu zu raten, eine neutrale Begutachtung vor Reparaturbeginn vornehmen zu lassen.
Stand: 25.09.2013
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Verhalten am Unfallort
Viele Menschen erleben nie einen Unfall, bei anderen ist er schon Jahre her – das Verhalten am Unfallort lässt sich auch nur bedingt trainieren.
weiterlesenAllgemein werden Verkehrsunfälle als plötzliche Geschehnisse definiert, die zu Sachschäden an fremdem Eigentum und Körperschäden führen. Dies gilt auch, ohne dass dies von den Beteiligten schuldhaft verursacht wurde. Voraussetzung für die Zuordnung als Verkehrsunfall und damit maßgeblich für das folgende Verhalten am Unfallort ist, dass ein direkter Zusammenhang mit dem öffentlichen Straßenverkehr besteht. Typische Gefahren des Straßenverkehrs müssen zum Schaden geführt haben. Zu beachten ist, dass auch Beschädigungen von leblosen Sachen ausreichen. Es muss nicht immer eine weitere Person beteiligt sein. Wer einen Baum umfährt, einen Zaun oder ein Verkehrsschild beschädigt, hat ebenfalls einen Unfall verursacht.
Jeder, der in irgendeinem Zusammenhang mit diesem Geschehen steht, ist ein Unfallbeteiligter und hat sich in seinem Verhalten am Unfallort auch so zu benehmen. Er darf sich nicht einfach entfernen, sondern muss dafür sorgen, dass seine Daten und die seines Fahrzeugs für die Dokumentation des Unfalls zur Verfügung stehen.
Besonders gilt dies natürlich, falls Menschen zu Schaden gekommen sind: Die schnelle Hilfe für Verletzte ist beim Verhalten am Unfallort die oberste Pflicht.Dazu kommt, dass die Unfallstelle ausreichend gesichert wird. Der Unfallort muss für folgende Verkehrsteilnehmer gut erkennbar sein, damit nicht noch ein Folgeunfall geschieht. Mit dem Warndreieck und der angeschalteten Warnblinkanlage werden andere Verkehrsteilnehmer gewarnt. Der Unfallort selbst sollte ausreichend mit der Handykamera dokumentiert werden. Die Sicherung von Beweismitteln, zu der auch die Suche nach Zeugen gehört, ist ein wichtiges Verhalten am Unfallort, mit dem die spätere Regulierung des Unfalls vereinfacht wird.
Bis der Eigentümer des beschädigten Fahrzeuges oder Gegenstandes verfügbar ist, gehört zum richtigen Verhalten am Unfallort, dass sich kein Beteiligter ohne Feststellung seiner Personalien entfernt. Der Tatbestand des unerlaubten Entfernens ist schnell verwirklicht und erschwert später die Regulierung des Schadens mit der Versicherung. Eine Beiziehung der Polizei ist nicht immer notwendig, wenn die Beteiligten in ihrem Verhalten am Unfallort richtig vorgehen und keine erheblichen Schäden entstanden sind. Sind sich alle über den Schadenshergang einig und konnten die Daten von Zeugen am Unfallort gesichert werden, ist es möglich auf die Polizei zu verzichten.
Die Beteiligten tauschen die nötigen Daten und insbesondere die Versicherungsangaben untereinander aus.Verweigert ein Beteiligter die Angabe seiner Versicherung oder hat er die Daten nicht dabei, sind die Informationen über den Zentralruf der Autoversicherer verfügbar. Ein Geschädigter oder sein Anwalt kann die Daten dort telefonisch abfragen.
Ein schriftliches Schuldanerkenntnis ist ein häufig zu beobachtendes Verhalten am Unfallort. Die Wirkung einer solchen schriftlichen Erklärung ist aber anfechtbar. Als Verhalten am Unfallort ist sie häufig vom Schock geprägt und kann einfach widerrufen werden. Zusammen mit den Aussagen von Zeugen und wenn der Unfallbeteiligte später bei der Versicherung die Mithilfe verweigert, ist dieses Verhalten am Unfallort aber eine Entscheidungshilfe für die Versicherung.
Zum direkten Verhalten am Unfallort gehört es, die Sicherung eines nicht mehr fahrbereiten Fahrzeugs zu organisieren. Dies kann zunächst auf einer sicheren Abstellfläche sinnvoll sein, bis ein Abschleppunternehmen oder die beauftragte Werkstatt sich darum kümmern kann.
Später folgt die Abwicklung des Schadens.Bei Leasing- und Mietfahrzeugen muss der Eigentümer des Fahrzeugs benachrichtigt werden. Dieser hat das Recht, die Freigabe für die Reparatur zu geben. Auch die eigene Haftpflichtversicherung erwartet als Verhalten am Unfallort und dessen zeitnahe Folge, dass sie vom Geschehen unterrichtet wird. Dies gilt für denjenigen, der als Verursacher gilt noch mehr als für andere Beteiligte. Ein Versäumnis ist eine Pflichtverletzung, die von den Haftpflichtversicherungen als Vertragsbruch betrachtet wird. Fand das Geschehen im Ausland statt, sollte die Meldung direkt über die Hotline erfolgen, damit der Versicherer durch seine Auslandsabteilungen beim richtigen Verhalten am Unfallort Unterstützung leisten kann.
Zeichnet sich bei den anderen Beteiligten durch das Verhalten am Unfallort bereits ab, dass es zu Auseinandersetzungen über die Schuldfrage kommen wird oder der Schadenshergang unklar ist, empfiehlt sich die Beauftragung eines Rechtsanwalts. Dieser erledigt routiniert die einzelnen Schritte der Abwicklung und klärt die Rechtsfragen.
Zum Verhalten am Unfallort gehört also neben der Sicherung der Schadensstelle und Hilfe für Verletzte auch die Sicherung im Hinblick auf die spätere Abwicklung. Fotos vom Schaden, dem Unfallort und allen beteiligten Fahrzeugen sind ebenso hilfreich wie die Daten von Zeugen. Die spätere Abwicklung wird durch dieses Verhalten am Unfallort erleichtert und kann für Sachverständige die Grundlage einer vollständigen Rekonstruktion des Schadenshergangs sein.
Stand: 19.05.2012
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Wildschaden
Wann zahlt die Versicherung bei einem Wildschaden?
weiterlesenIm Frühjahr und Herbst kommt es vermehrt zu Unfällen mit Wild. Nach einer Schätzung des Deutschen Jagdschutzverbandes finden in Deutschland pro Jahr etwa 230.000 Unfälle mit Wild statt. Eine erhöhte Gefahr besteht vor und während der Dämmerung, also morgens zwischen fünf Uhr und acht Uhr, sowie abends zwischen 17.00 und 22.00 Uhr.
Doch wer zahlt eigentlich wenn es zu einem solchen Unfall gekommen ist? Gegen den Jagdpächter und gegen den Förster besteht kein Anspruch, da das Wild herrenlos ist und diese lediglich ein Aneignungsrecht des Wildes in ihrem Revier haben.
Die meisten Versicherungen ersetzen einen Schaden in Zusammenhang mit einem Wildunfall. Voraussetzung ist in der Regel, dass es sich um Haarwild handelt. Darunter fallen beispielsweise Wildschweine, Rehe, Füchse und Hasen.
Ein Wildschaden muss unverzüglich gemeldet werden.Im Falle eines Wildschadens obliegt dem Versicherungsnehmer die Beweislast. Das bedeutet, dass er beweisen muss, dass der Unfall auf Grund eines Haarwildes entstanden ist. Um dem zu genügen, ist es ratsam sich eine Wildschadensbescheinigung ausstellen zu lassen. Diese wird meist von der gerufenen Polizei oder dem Jäger ausgestellt und dient der Versicherung als Beweis.
In dem Falle, dass man das Wild schon von weitem sieht oder es vor einem auf die Straße springt, ist es ratsam das Fernlicht auszuschalten und gegebenenfalls zu hupen – in manchen Fällen bringt man damit das Wild dazu, die Straße noch schnell zu verlassen.
Grundsätzlich sollte einem Wild nicht ausgewichen werden, wenn eine Kollision kurz bevorsteht.Ein kontrolliertes Drauffahren erweist sich in den meisten Fällen als sicherer. Sollte man trotzdessen ausgewichen sein und sein Fahrzeug dadurch beschädigt haben, kommt es auf den Einzelfall an, ob die Versicherung den daraus entstandenen Schaden übernimmt. Vorraussetzung dafür ist, dass man das Ausweichen für geboten halten dürfte, um größere und schwere Schäden zu vermeiden. Die Versicherung kann sich dann nicht darauf berufen, dass der Fahrer nur aus Reflex gehandelt hat (Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 11. Oktober 2005, Aktenzeichen 9 U 34/09)
Von der Mitnahme verletzter oder getöteter Tiere sollten Sie bei einem Wildschaden unbedingt Abstand nehmen. Diese Handlung könnte Ihnen als Wilderei ausgelegt werden, welche nach dem Strafgesetzbuch strafbar ist.
Stand: 10.11.2011