Übersicht
-
Kündigungsfristen bei Einstellverträgen
Die Zahl der reitbegeisterten Pferdesportler nimmt von Jahr zu Jahr zu. Ein großer Teil dieser Nachwuchsreiter erwirbt auch nach mehr oder weniger langem Unterricht auf Fremdpferden ein eigenes Pferd.
weiterlesenDie Zahl der reitbegeisterten Pferdesportler nimmt von Jahr zu Jahr zu. Ein großer Teil dieser Nachwuchsreiter erwirbt auch nach mehr oder weniger langem Unterricht auf Fremdpferden ein eigenes Pferd. Abgesehen von den wenigen Pferdebesitzern, die über Grundstücke mit eigenen Stallungen verfügen, wird der frischgebackene Pferdebesitzer sein Pferd in der Regel in einem gewerblichen Reitstall in Pension geben. Bei der Einstellung der Pferde wird vielfach nur der Preis für die Einstellung und eventuell auch der Umfang der erwarteten Leistungen, wie Fütterung, Pflege und Beritt mit dem Stallbesitzer besprochen und diesbezüglich eine mündliche Einigung herbeigeführt. In letzter Zeit ist jedoch vermehrt festzustellen, dass durch die von der FN angebotenen und im Internet abrufbaren Vertragsmuster eine gewisse Rechtsklarheit eintritt. Dennoch gibt es zahlreiche Altfälle, bei denen das Pferd ohne gesonderte schriftliche Vertragsregelung in einem Reitstall eingestellt ist. Kommt es dann im späteren Verlauf zu Meinungsverschiedenheiten über Pflege, Fütterung, Behandlung des Pferdes, aber auch Verhalten des Pferdebesitzers oder Reitstallpächters, so stellt sich für die Beteiligten die Frage, wie dieser mündlich geschlossenen Pferdeeinstellvertrag wieder aufzulösen ist und welche Kündigungsfristen hierbei zu beachten sind. Hier tauchen schon die ersten Probleme auf. Wer nämlich keinem schriftlichen Vertrag mit dem Reitstallpächter abgeschlossen hat, der eine klare Kündigungsregelung enthält, ist auf das Bürgerliche Gesetzbuch angewiesen. Dieses regelt aber nur in der Praxis bekannte typische Vertragsarten wie Mietvertrag, Dienstvertrag, Werkvertrag, nicht aber den hier vorliegenden Fall eines Einstellvertrages. Für die Frage, welche Kündigungsfristen dann bei einem Pferdeeinstellvertrag zu berücksichtigen sind, ist deshalb zunächst ausschlaggebend, welchem gesetzlichen Vertragstypus der Einstellvertrag entspricht oder sich weitest gehend annähert. Denn je nach Vertragstyp bestehen auch unterschiedliche Kündigungsfristen, sodass letztlich darüber entscheidet, ob etwa der Reitstallpächter das Pferd seines Kunden nach ausgesprochener Kündigung bereits am nächsten Tag aus der angemieteten Box holen muss oder ob umgekehrt der Pferdebesitzer, wenn er sein Pferd von heute auf morgen aus der gemieteten Box holt, noch monatelang den Pensionspreis zu zahlen hat, welchem gesetzlichen Vertragstyp der Pferdeeinstellvertrag zugerechnet werden muss.
Rechtsgrundlagen
Da das Gesetz nicht eindeutig ist, schaut man im Regelfall auf die hierzu ergangene Rechtsprechung. Diese ist aber ebenfalls wenig ergiebig, noch existiert überhaupt eine allgemein verbindliche Grundsatzentscheidung. Man wird also zunächst an die Vorschriften des Mietvertrages, des Dienstvertrages oder des Verwahrungsvertrages denken müssen. Diesen Vertragsarten sind allerdings unterschiedliche Kündigungsfristen zugeordnet. So beim Mietvertrag die gesetzliche Kündigungsfrist von 3 Monaten, beim Dienstvertrag das Sonderkündigungsrecht aus wichtigem Grund aus § 626 BGB oder bei dem Verwahrvertrag eine sofortige Kündigung mit jederzeitiger Rückforderung des Pferdebesitzers, beziehungsweise umgekehrt des Verwahrers (Stallpächters) gemäß §§ 695, 696 BGB. Hier wird schon je nach Situation und Interessenlage schnell deutlich, dass keine dieser Vertragstypen die beiderseitigen Belange wirklich immer zur Zufriedenheit regeln kann. Würde man grundsätzlich Verwahrungsverträge als den zutreffenden Vertragstypus ansehen, könnte es einem Reitstallpächter passieren, dass bei einem Zusammenschluss mehrerer Pferdebesitzer er plötzlich innerhalb weniger Tage ohne Pferde dasteht. Andererseits kann es auch nicht im Interesse des Pferdebesitzers sein, dass er von heute auf morgen gezwungen sein muss, sich eine neue Box in der näheren Umgebung zu suchen, ohne das überhaupt freie Boxen zur Verfügung stehen. Die langen Kündigungsfristen des Mietvertrages wiederum sollen vorwiegend dem Schutz des Mieters dienen, was aber bei der Anmietung einer Pferdebox auch nicht unbedingt der zutreffende Vertragstypus sein muss. Vielmehr sind bei den typischen Einstellverträgen verschiedene Elemente unterschiedlicher Vertragstypen festzustellen, nämlich dienstrechtlicher, mietrechtlicher und verwahrungsrechtlicher, aber auch kaufvertragsrechtlicher Art. So wird das Pferd im Regelfall durch einen Pfleger geputzt, die Box gesäubert und das Pferd gefüttert (Teilelemente des Dienstvertrages). So wird manchmal eine bestimmte Box, etwa mit Außentür oder in Nachbarschaft bestimmter anderer Pferde oder mit bestimmten Ausmaßen angemietet (Mietvertragselemente). Auch bei Einstellverträgen, bei denen keinerlei Dienstleistung erbracht wird und bei denen es auch nicht auf eine bestimmte Beschaffenheit der angemieteten Boxen ankommt (Bauernhof/eigene Pflege, Fütterung und Boxenreinigung) kann vorherrschen, der so genannte Vertragstyp der Verwahrung. Sichtet man nun die bisher in der Vergangenheit hierzu ergangene Rechtsprechung, wird man feststellen, dass das Ergebnis äußerst dürftig ist. Überwiegend ältere Urteile sind in diesem Zusammenhang ergangen und geben eine ausgesprochen uneinheitliche Rechtslage wieder. Einem jetzt erfolgten neuen sorgfältig begründeten Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf ist es zu verdanken, dass hier bei Einstellverträgen, die keine schriftliche Abfassung enthalten und damit auch schriftlich keine Kündigungsfrist festlegen, nunmehr erstmalig eine gewisse Rechtsklarheit eingetreten ist.
Der Fall
Der Kläger im vorliegenden Verfahren hatte mündlich einen Pferdeeinstellvertrag geschlossen. In diesem Vertrag waren enthalten die Nutzung der Box, die Fütterung, sowie das Einstreuen und Misten der Box. Der Kläger kündigte dann diesen Einstellvertrag zu Beginn eines Monats, holte sein Pferd etwa eine Woche nach Kündigung aus der Box und räumte diese endgültig innerhalb der zweiten Woche des Monats. Versehentlich hatte er sowohl den Einstellbetrag für diesen Monat in dem Räumung erfolgte, als auch durch einen laufenden Dauerauftrag seiner Bank für den nachfolgenden Monat überwiesen. Er forderte nun den Betrag für den Nachfolgemonat und für die Hälfte des Kündigungsmonats zurück. Streitig war, welche Kündigungsfrist er hätte einhalten müssen. Das Amtsgericht Düsseldorf, das über diesen Rechtsstreit zu entscheiden hatte, gab dem Kläger Recht, der den überzahlten Monat und die Hälfte des Entgeltes für den Räumungsmonat zurückverlangte. Es führte hierzu aus, dass dem Grunde nach ein Verwahrvertrag zwischen den Parteien zustande gekommen sei und war der Ansicht, dass die gesetzliche Bestimmung des Verwahrvertrages auch geeignet ist, Pferdeeinstellverträge generell, sowie den Vertrag der Parteien im konkreten Falle interessengerecht zu regeln. Es folgte dabei der Ansicht von Fellmer, Rechtskunde für Pferdehalter und Reiter, 2. Auflage Randnummer 176, wonach bei fehlender anderweitiger Vereinbarung die Qualifizierung von Pferdeeinstellverträgen als entgeltliche Verwahrungsverträge die praktikabelste rechtliche Lösung darstellt. Es sah sehr wohl die Härte, die bei dem gesetzlichen Verwahrungsvertrag hinsichtlich der Kündigungsfristen besteht, weil nämlich bei diesem gesetzlichen Muster regelmäßig die Kündigung des Vertrages von heute auf morgen möglich ist. Es war jedoch der Ansicht, dass wenn eine Kündigungsfrist nicht getroffen ist, den Vertragsparteien der im § 242 BGB enthaltene Grundsatz von Treu und Glauben zur Seite steht, der einseitige Härten vermeiden hilft.
Urteilsgründe
Die wesentlichen Urteilsgründe lauten wie folgt:
„Der Vertrag der Parteien stellt seinem Wesen nach einen Verwahrungsvertrag dar. Dem steht nicht entgegen, dass der Vertrag mit der Gebrauchsüberlassung einer bestimmten Box mietvertragliche Elemente enthält. Denn die Verwahrung einer Sache -nach § 90a BGB, entsprechend anwendbar auf Tiere- schließt stets Gewährung des zur Verwahrung erforderlichen Raumes ein. Zwangsläufig ist damit jedem Verwahrungsvertrag, zu dessen Erfüllung wegen des zu verwahrenden Gegenstandes eine Räumlichkeit erforderlich ist, ein mietvertragliches Element, nämlich die Gewährung einer Räumlichkeit immanent. Der Einstellvertrag der Parteien erschöpft sich nicht in der Gebrauchsüberlassung der Box zum Zwecke des Einstellens des Pferdes. Vielmehr sollte das Pferd gefüttert, die Box eingestreut und entmistet werden. Der Beklagte sollte das Futter und die Streu liefern und für bestimmte Dienste, nämlich Füttern, einstreuen und entmisten sorgen. Diese Verpflichtungen sind typischerweise mit der Obhut für ein Pferd verbunden, weil es nur so erhalten und dem Auftraggeber unversehrt zurückgegeben werden kann. Die Verpflichtung für das Pferd mit den vorgenannten Maßnahmen zu sorgen ist zumindest ebenso wichtig, wie ihm den Platz zum bloßen Aufenthalt zu gewähren. Die Gesamtschau der vom Beklagten übernommenen Verpflichtungen, die über die bloße Gewährung einer Einstellbox weit hinausgehen, lässt nur den Schluss zu, dass der Beklagte das Pferd des Klägers in die den Verwahrungsvertrag kennzeichnende Obhut genommen hat.“ (Urteil AG Düsseldorf vom 19.02.2004, AZ: 27 C 9755/03).
Zusammenfassung
Durch dieses neuerliche Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf (rechtskräftig) ist eindeutig und auch sachlich überzeugend begründet die Kündigungsfrist für Pferdeeinstellverträge in die gesetzlichen Vorschriften des Verwahrungsvertrages/Obhutsvertrages eingeordnet worden. Die sich hieran anknüpfende Kündigungsfrist (jederzeit) ist jedoch durch die Grundsätze von Treu und Glauben (§ 242 BGB) eingeschränkt. Im Regelfall wird dies mindestens eine 14-tägige Kündigungsfrist beinhalten.
Stand: 23.05.2016
-
Nebeneinander – Eintrittspflichten von Privat- und Tierhalterhaftpflicht
Die Privathaftpflichtversicherung deckt Schäden ab, wenn jemand schuldhaft das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines Anderen widerrechtlich verletzt. Die Tierhalterhaftpflicht betrifft nur Risiken, die den Versicherungsnehmer treffen -und dabei auch nur solche Risiken, die mit der Eigenschaft als Halter oder Hüter des Tieres zusammenhängen.
weiterlesenJedem Privatpferdebesitzer ist bekannt, dass es unabdingbar ist, eine Tierhalterhaftpflichtversicherung für sein Pferd zu besitzen. Diese Haftpflichtversicherung deckt Schäden und Ersatzansprüche Dritter ab, die durch das willkürliche Verhalten des Pferdes entstehen. Die rechtliche Anspruchsgrundlage ist in § 833 BGB enthalten, was heutzutage bei Pferdehaltern Allgemeinwissen darstellt. Es handelt sich um eine Anspruchsgrundlage, die kein Verschulden voraussetzt und deswegen auch als Gefährdungshaftung klassifiziert ist. Wie überall im Geschäftsleben ist jedoch auch im Bereich der Versicherungen das Augenmerk auf Ausschlüsse von der Versicherungspflicht im jeweiligen Versicherungsvertrag zu richten. Wer hat nicht bei allen möglichen Versicherungsbereichen zunächst geglaubt, schon hinreichend versichert zu sein, aber bei Meldung eines Schadenfalles feststellen müssen, dass die Versicherungsbedingungen vielfach „Hintertüren“ eröffnen, die letztlich zu einem Ausschluss der Haftung durch die Versicherungen führen. Begriffe wie Unterdeckung, Gefahrerhöhung und Ausschlusstatbestände in den Versicherungsbedingungen zeugen von diesem gern überlesenen, den Versicherungsnehmer aber jeweils im Schadenfall dann entgegengehaltenen Auswegen aus der Haftung. Beide Seiten wollen hier ihre jeweiligen Interessen aus eigener Sicht möglichst effektiv durchsetzen, so wie jede Vertragspartei im allgemeinen Geschäftsleben versucht, mit ihren Geschäftsbedingungen jeweils für sie selbst günstigste Position bei Vertragsabschlüssen zu erreichen und die Geschäftsbedingungen der gegnerischen Partei jeweils auszuschließen. Ein Beispiel ist etwa der Ausschluss in den Versicherungsbedingungen der Tierhalterhaftpflichtversicherungen in § 4 Abs. 1 Nr. 6a der Allgemeinen Haftpflichtbedingungen (AB). Dort ist beispielsweise ausgeführt, dass Schäden an fremden Sachen, die der Versicherungsnehmer gemietet, gepachtet oder geliehen hat oder die Gegenstand eines besonderen Verwahrungsvertrages sind, von der Haftpflicht ausgeschlossen sind. Dies betrifft die Fälle, wenn ein Pferd etwa in einem geliehenen Hänger transportiert wird und diesen beschädigt. Hier kommt dann oft die Überlegung, dass eine private Haftpflichtversicherung eingreifen könnte.
Die Privathaftpflichtversicherung deckt Schäden ab, wenn jemand schuldhaft das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines Anderen widerrechtlich verletzt (§ 823 BGB). Dieses Nebeneinander von Privathaftpflicht- und Tierhalterhaftpflichtversicherungen und die Folge daraus beleuchtet folgender Sachverhalt:
Der Fall
Die mitversicherte Tochter eines Pferdehalters, der bei unterschiedlichen Versicherungsunternehmen eine Privathaftpflicht und eine Tierhalterhaftpflicht abgeschlossen hat, hatte versehentlich die Stalltür eines Offenstalles offen gelassen. Dadurch war ihr Pony und andere Pferde aus dem Stall entwichen. Diese hatten einen schweren Verkehrsunfall verursacht mit Personen- und Sachschaden. Auch die entlaufenen Pferde wurden bei diesem Verkehrsunfall getötet. Die Unfallverletzten und die Eigentümerin der getöteten Pferde nahm nun die Tochter in Anspruch und es wurden auch gleichzeitig beide Versicherungen verklagt. Die Versicherungen wiederum beriefen sich darauf, dass sie nicht eintrittspflichtig seien, die Privathaftpflichtversicherung deshalb, weil der Schaden durch ein Tier verursacht worden sei, nämlich das Pferd des Versicherungsnehmers und deshalb die Tierhalterhaftpflichtversicherung eingreifen müsse; die Tierhalterhaftpflichtversicherung wieder berief sich darauf, dass der Schaden nicht entstanden wäre, wenn die Tochter nicht die Stalltüre offen gelassen hätte, somit ein Verschulden im Verhalten der Tochter des Pferdebesitzers liege. Die Haftpflichtversicherung, bei der die Tochter mitversichert war, verwies auf ihre Versicherungsbedingungen, wonach die Haftpflicht als Tierhalter und Tierhüter die ansonsten durchaus als Gefahr des täglichen Lebens versichert wäre, eng auszulegen ist und deshalb nicht jedwede Pflichtverletzung im Zusammenhang mit dem Pferd abdeckt sondern nur Ansprüche, die den Versicherungsnehmer als Halter des Pferdes treffen. Die Eintrittspflicht der Tierhalterhaftpflichtversicherung entfällt damit ohne weiteres, wenn die Tochter nicht der Halter der Pferde war. Das zur Entscheidung berufene Gericht hat die Eintrittspflicht der Privathaftpflichtversicherung bejaht, weil der Schaden ursächlich durch das Nichtverschließen der Boxentür erfolgt ist. Dies hätte auch jedem anderen Besucher des Stalles passieren können.
Konsequenzen
Aus diesem Gemenge der Haftpflichtansprüche dieser beiden Versicherungsarten ist zu folgern, dass Privathaftpflicht und Tierhalterhaftpflicht immer bei demselben Versicherungsunternehmen abgeschlossen werden sollten. Die Tierhalterhaftpflicht bezieht sich, was übersehen wird, nicht auf alle Risiken in Zusammenhang mit dem Tier. Sie betrifft nur Risiken, die den Versicherungsnehmer treffen -und dabei auch nur solche Risiken, die mit der Eigenschaft als Halter oder Hüter des Tieres zusammenhängen, wie dies bei den Ansprüchen aus § 833 BGB der Fall ist. Ob auch schuldhaftes Verhalten (§ 823 BGB), das mit der Funktion als Halter zu tun hat, darüber hinaus als versicherte Haftpflicht des Tierhalters einzustufen ist, ist bisher in der Rechtsprechung nicht geklärt. Wegen der gebotenen engen Auslegung der Ausschlussklausel in der Privathaftpflichtversicherung, die ihrerseits aber auch für den Deckungsumfang in der Tierhalterhaftpflichtversicherung maßgeblich ist, spricht mehr dafür, den Ausschluss auf Ansprüche aus § 833 BGB zu begrenzen.
Stand: 23.05.2016